Stromversorgung

Wie im Hauptartikel über die Werkbank angekündigt, beschreibe ich hier ein wenig die Stromversorgung meiner Werkbank, die über die normalen Schuko-Steckdosen mit normaler Netzspannung hinausgeht.

 

Wie sicherlich die meisten Leser wissen, empfiehlt es sich, alte Geräte nicht direkt ans Netz zu legen, sondern langsam an der Spannung "hochzufahren", um Fehler frühzeitig zu bemerken und auch Komponenten wie die Elkos oder andere empfindliche Teile nach Jahrzehnten schonend wieder an den Strom zu gewöhnen.

 

Die wohl einfachste und bekannteste Variante hierbei ist die sog. Vorschaltlampe, im Folgenden kurz VSL genannt. Das Grundprinzip ist bestechend einfach: Eine klassische Glühlampe ist ein Kaltleiter, d.h. ihr Widerstand ist im kalten Zustand sehr gering und nimmt im Betrieb den Sollwert an, der die Leistung der Lampe bestimmt.

Legt man also eine solche Lampe, die in ihrer Leistung in etwa der dem zu bestromenden Gerät entspricht, in Reihe vor den Prüfling, so wird der maximale Strom in der Schaltung auf den Strom durch die Lampe limitiert.

 

Ein Beispiel:

Hat man ein klassisches Röhrenradio mit einer Leistungsaufnahme zwischen 50 und 60 Watt, so schleift man eine 60W-Glühlampe in die Versorgungsspannung ein.

Schaltet man nun die Spannung zu, so wird der Strom durch den Widerstand der Lampe limitiert und es können niemals mehr als die rund 300mA (60W : 220V = 0,2727...A) durch das Gerät fließen, womit eine Überlastung nahezu ausgeschlossen ist.

 

Sollte ein Fehlerfall eintreten und das Radio mehr Strom "ziehen", so fließt auch ein höherer Strom über die Lampe, wodurch der Heizfaden heißer wird, sich dessen Widerstand erhöht und den Strom limitiert. Maximal fließen also diese 300mA, die im Falle eines Kurzschlusses im Gerät in der Lampe verheizt werden.

Dieser Strom kommt aber nur beim Kurzschluß zustande, da die Lampe und das Gerät zusätzlich einen Spannungsteiler bilden, wodurch die über das Gerät abfallende Spannung geringer als 220V ist. Somit bekommt das Radio aus dem Beispiel genug Spannung, um zu funktionieren, aber nicht genug Strom, um durchzubrennen, falls ein Fehler vorliegen sollte.

Ein angenehmer Nebeneffekt ist, daß die Lampe den Stromfluß durch die Intensität der Leuchtkraft anzeigt.

Liegt also ein Kurzschluß im Gerät vor, so leuchtet die Lampe mit voller Kraft.

 

Im Optimalfall leuchtet die Lampe beim Einschalten einmal kurz hell auf, geht dann auf ein dezentes Glimmen zurück und wird nach etwa 30 Sekunden, wenn das Gerät aufgeheizt ist und Anodenstrom zieht wieder etwas heller. Mehr als ein diffuses Leuchten deutet allerdings auf einen Fehler hin.

 

Dies ist wie gesagt die einfachste Möglichkeit. Will man es noch etwas luxuriöser haben, so schafft man sich einen Stelltrafo an, mit dem man die Netzspannung zusätzlich beliebig regeln kann.

Damit ist es möglich, nicht nur eine Strombegrenzung und fixe Spannungsbegrenzung wie mit der Lampe zu erreichen, sondern auch ein wirkliches Hochregeln der Spannung nach Gutdünken durchzuführen.

Vor allem kann man damit für ausländische Geräte auch jede beliebige Netzspannung bereitstellen (110V, 115V, 127V, und viele mehr), sollte der Trafo im Gerät keinen Abgriff für die hiesigen 220V haben.

 

Auch hier ist Vorsicht geboten: Die meisten Stelltransformatoren sind keine Trenntrafos, erzielen also keine galvanische Netztrennung.

Bei den meisten Geräten ist das nicht von Bedeutung, da deren Trafos selbst getrennte Primär- und Sekundärwicklungen haben (wenn diese auch nicht den Normen für Trenntrafos entsprechen), doch sind manche Radios nur mit sog. Spartransformatoren oder schlicht und einfach Vorwiderständen ausgestattet.

Je älter das Gerät, desto höher die Chance, eine solche Konstruktion zu erwischen, da man sparen musste oder auf Gleichspannungsnetze Rücksicht zu nehmen hatte.

Bei Fernsehern war dies sogar noch sehr lange Stand der Technik.

Dabei wird die Betriebsspannung der Stufen direkt aus einer mit der Netzspannung durchflossenen Spule gewonnen (Spartrafo) oder einfach durch einen Vorwiderstand eingestellt, wodurch keine Netztrennung gegeben ist.

Je nachdem, wie der Stecker in der Steckdose steckt, liegt also die Phase am Chassis und damit an sämtlichen Metallteilen des Radios an, seien es Schrauben an den Bedienknöpfen, Buchsen an der Rückseite oder sonstige Punkte. Dies ist selbstverständlich ein Risiko bei der Arbeit, weil man schnell in Kontakt zur Netzspannung gerät und auf einen schnellen FI-Schalter hoffen darf.

 

Um dem vorzubeugen empfiehlt es sich, einen Trenn-Stelltrafo anzuschaffen, der die Eigenschaften der Regelung und der Netztrennung in sich vereinigt (solche Trafos sind jedoch meist sehr teuer), oder einem vorhandenen Stelltrafo einen externen Trenntrafo vorzuschalten. So kann potentialfrei gearbeitet werden und das Risiko von gefährlichen Stromschlägen ist deutlich minimiert.

Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass keine Schutzerde angelegt wird, um keinen Erdbezug herzustellen, der die ganze gute Wirkung der Netztrennung wieder zunichte machen würde.

Das Problem erledigt sich jedoch in den meisten Fällen von selbst, da die Geräte dieser Epoche noch keine Schutzerdung vorsahen.

 

Aber grau ist alle Theorie. Kommen wir endlich zur Umsetzung dieser Bedürfnisse.

Natürlich wollte ich keine halben Sachen, was die Inbetriebnahme von Altegeräten betrifft.

Mein bisheriger Aufbau mit einem kleinen Trennstelltrafo und einer Glühlampe war etwas schwach auf der Brust und schaffte es kaum, ein Radio zu versorgen, ohne daß die Spannung stark einbrach.

Zufällig ergab es sich, daß meine Schule während meiner Oberstufenzeit die naturwissenschaftlichen Fachräume sanierte und somit viele Einrichtungen auf den Schrott wanderten, die noch im besten Zustand waren und für meine Zwecke nicht besser hätten geeignet sein können. In diesem Falle handelte es sich um zwei Stelltafeln, die der Versorgung der Schülertische mit Nieder- und Netzspannung dienten und die ich kurzerhand vor deren geplanter Entsorgung ausbaute und mitnahm. Eine zweite Garnitur konnte ich an einen Sammlerkollegen vermitteln.

Es erwies sich als Qualitätsmerkmal, aber auch als etwas hinderlich, daß jede dieser Tafeln schwerer ist als meine Wenigkeit selbst...

Die beiden Schätzchen, nachdem ich sie nach Hause geschafft hatte
Die beiden Schätzchen, nachdem ich sie nach Hause geschafft hatte
Tafel I: 0-240V~ stufenlos regelbar, netzgetrennt bei max. 6A sekundär abgesichert mit Anzeigen
Tafel I: 0-240V~ stufenlos regelbar, netzgetrennt bei max. 6A sekundär abgesichert mit Anzeigen
Tafel II: 0-25V= stufenlos regelbar, netzgetrennt bei max. 45A, primär und sekundär abgesichert mit Anzeigen und Unterverteilung
Tafel II: 0-25V= stufenlos regelbar, netzgetrennt bei max. 45A, primär und sekundär abgesichert mit Anzeigen und Unterverteilung

Besser hätte es also gar nicht sein können. Exakt so etwas brauchte ich für meine Zwecke und so bekam ich es  auch noch kostenlos.

Die Niederspannungstafel enthält den dicksten Selengleichrichter, den ich jemals gesehen habe sowie ein leistungsfähiges Kühlungsgebläse zu dessen Belüftung. Die Unterverteilung brauche ich natürlich nicht, aber sie war nunmal mit dran. Beim Betrieb dieser Tafel herrscht schon eine gute Windstärke in der Werkstatt.

Jede Tafel enthält einen Trenntrafo mit nachgeschaltetem Regeltrafo. Die Belastbarkeit von >1kW dürfte wohl für alle meine Anwendungen reichen. Mit der Niederspannungstafel kann ich auch problemlos eine Autobatterie schnellladen, wenn es mich danach gelüsten sollte.

Die Anzeigen sind auch noch erstaunlich präzise.

 

Nachdem sie aus Platzmangel leider noch drei Jahre im Keller ruhten, so war es mir eine helle Freude, sie nach meinem Umzug endlich wieder in Betrieb nehmen zu können. Zu meinem Glück begnügen sich die Beiden mit normalem Wechselstrom (andere Tafeln aus der Schule erforderten Drehstrom).

Die Tafeln an ihrem Platz auf meinem neuen Arbeitstisch. Ein Kollege nennt sie etwas makaber die "Twintowers"
Die Tafeln an ihrem Platz auf meinem neuen Arbeitstisch. Ein Kollege nennt sie etwas makaber die "Twintowers"
Sogar das originale Schaltbild des Raumsystems gab es noch dazu. Interessant fand ich, daß wir offenbar am Gymnasium einen Realschulraum eingerichtet hatten, wenn der Plan stimmt.
Sogar das originale Schaltbild des Raumsystems gab es noch dazu. Interessant fand ich, daß wir offenbar am Gymnasium einen Realschulraum eingerichtet hatten, wenn der Plan stimmt.

Nachdem ich damit nun also die beste Basis für alle weiteren Vorhaben hatte, stellte sich die Frage, was die neue Stromversorgung alles können sollte.

Netztrennung und Spannungsregelung brachten die Tafeln ja schon mit. Eine Vorschaltlampe war natürlich obligatorisch, ebenso eine Steckdose zum Anschluß der Prüflings.

Außerdem wollte ich einen Not-Aus haben, für den Fall der Fälle. Dafür war eine Schützschaltung die eleganteste Lösung. Also brauchte ich auch noch einen Schütz mit Peripherie.

Da die Tafel selbst beim Testen nur bedingt im Blickfeld liegt, sollte auch noch ein Voltmeter in die Nähe der VSL, um die Spannung parallel zur Lampe im Blick haben zu können. Auch ein Schalter für "Standby" ist praktisch, wenn man kurz etwas am Gerät für einen Test umklemmen muß und die eingestelle Spannung aber beibehalten will.

Da ich auch die Allströmer im Blick hatte und auch die Möglichkeit haben wollte, eine Anodenspannung aus der Tafel zu entnehmen, sollte alles auch auf Gleichspannung umschaltbar sein. Deshalb sah ich neben der Schuko-Steckdose auch noch Telefonbuchsen vor.

Ein besonderes Schmankerl, das auch schon länger auf seinen Einsatz wartete, war eine Steckdose aus der Vor-Schuko-Ära, die ich eines Tage in einer Ecke der Vorratskammer im Hause meiner bereits verstorbenen Großtante fand und gegen modernen Ersatz ausbauen durfte. Diese Steckdosen sind inzwischen nicht mehr leicht zu finden (vor allem nicht als Unterputzversion), erlauben aber den direkten Anschluß eines (sehr) alten Radios mittels des originalen Steckers, der nicht in eine moderne Steckdose passt. Da diese Dose hinter dem Trenntrafo hängt, ist sie dort sogar regelkonform betrieben, aber das nur nebenbei.

 

Damit hatte ich alles zusammen, was ich brauchte. Bis auf einen Sicherungshalter und Verbrauchsmaterial wie Schrumpfschlauch und Kabel brauchte ich nur ein Stück Brüstungskanal anzuschaffen, das als Gehäuse diente. Alle anderen Teile hatte ich irgendwo ausgebaut und teilweise schon seit Jahren im Fundus (was nur mal wieder zeigt, daß man die Dinge sehr wohl noch mal brauchen kann, wenn man sie aufhebt).

 

Zunächst skizzierte ich einen Schaltplan, um alle Wünsche unter einen Hut zu bringen.

Während der Bauphase wurden noch Kleinigkeiten umgestellt, aber im Grundprinzip funktioniert die Schaltung wie auf dem Papier dargestellt.

Aufgrund eines defekten Scanners leider nur ein schlechtes Bild des Schaltplans.
Aufgrund eines defekten Scanners leider nur ein schlechtes Bild des Schaltplans.

Hier noch nicht dargestellt ist das Voltmeter, das ich vor der Vorschaltlampe einbaute. Die Behelfsschaltung mit der LED als Indikatorlampe für den Betriebszustand konnte nachher auch entfallen, da der Not-Aus schon eine Glimmlampe mitbrachte.

Den Schalter für die Steuerspannung des Schützes entstammt einem alten Schweißgerät, den Schütz nahm ich mal für einen Euro auf einem Flohmarkt mit (ein bisschen Putzen und Schleifen der Kontakte machten ihn wie neu). Die gesamte Bedienung der Schützschaltung konnte ich aus dem Raumkonzept entnehmen, aus dem auch die Tafeln stammten. Sie beinhaltet die Indikatorlampe, den Not-Aus und einen Schlüsselschalter, um den Not-Aus wieder zurückzusetzen.

Die Fassung der VSL ist die einer demontierten Stehlampe, der Schalter zum Brücken derselbsen entstammt, genau wie der zur AC/DC-Umschaltung und kombiniertem Standby einer Heizungssteuerung. Der Gleichrichter 250V~ 25A fand sich in der Grabbelkiste und schöne Schraubklemmen hatte ich noch von einem alten russischen Messgerät, das ich irgendwann zerlegt hatte.