Uher Variocord 263 Stereo

Steckbrief

Modell: Uher Variocord 263 Stereo

Baujahr: 1969-71

Röhren: keine

Preis: 20,-€

Anschaffung: 14.01.15

Fertigstellung: 15.01.15

Gehäuse: Aluminium/PE

Klangregister: Tonblende

Bandgeschwindigkeiten: 4,7; 9,5; 19 cm/Sek.

Link zu rm.org: Variocord 263

Reparaturbericht

Das Gerät kaufte ich einst von einem Erben, der nach dem Tod seines Vater dessen Hausstand aufzulösen hatte und dieses Gerät auf dem Dachboden fand.

Er hatte keine Ahnung von Technik und so hatte er das Tonbandgerät eingesteckt und

festgestellt, daß kein Ton rauskam.

Über einen Bastlerkollegen kam die Kiste zu mir.

Als das Paket bei mir eintraf, war ich gespannt, was mich erwarten würde.

Das erste, was ich feststellen musste, war, das der Erblasser starker Raucher gewesen sein musste. Das Gerät und die beiliegenden Tonbänder stanken pestilenzartig nach Rauch.

Ich nahm die Verkleidung ab und sah mir die Umstände einmal von unten an.

Da ich keine besonders kritischen Kondensatoren oder druchgebrannte Sicherungen erkennen konnte, ging ich

damit ans Netz.

Ich legte ein bespieltes Tonband auf und startete die Wiedergabe.

Die Mechanik war einwandfrei, nur hatte ich auch keinen Erfolg mit einem Ton aus dem Lautsprecher.

Aber den Trick kannte ich inzwischen.

Ich drehte am Knopf für die Spurauswahl, und es kam ein dezentes Knistern aus dem Gerät. In dem Augenblick wusste, daß ich gewonnen hatte.

Die nächsten zwanzig Minuten war ich damit beschäftigt, den besagten Schalter immer wieder hin und her zu drehen.

Nach zehn Minuten machte sich erstes Flüstern der Otto-Liveaufnahme bemerkbar.

Als ich fertig war, hatte ich volle Lautstärke und eine hervorragende Qualität.

 

Dies ist ein ganz typischer Fehler alter Geräte (insbesondere Tonbänder):

Durch die lange Standzeit korrodieren die Kontakte der Schalter und es kommt kein Strom mehr hindurch. Reibt man diese Kontakte durch wiederholtes Durchschalten wieder sauber, so ist das Problem wieder behoben. Noch besser ist die Reinigung der Schaltkontakte mit entsprechenden Mitteln, aber da der Schalter in diesem Falle sehr ungünstig eingebaut war, sah ich von einem Ausbau ab.

 

Heute erfreut sich der Apparat des Betriebes an meiner Rotel-Anlage um mich an seinem Klang zu ergötzen. Die eingebauten Lautsprecher haben eine lausige Qualität.

Auch der Zigarettengeruch verflüchtigte sich mit der Zeit.

 

NACHTRAG: (07.01.2017)

 

Nach einem guten Jahr kam es gelegentlich vor, daß während der Wiedergabe ein Krachen aus den eingebauten Lautsprechern zu vernehmen war, auch wenn diese stummgeschaltet waren. Allerdings war das anfangs nur ganz kurz.

Der Effekt verstärkte sich, bis er den Musikgenuß doch erheblich störte.

Irgendwann ging es mir gehörig auf die Nerven und ich nahm das Gerät mit in die Werkstatt, wo ich mir erneut das Innenleben ansah. Rein optisch war nichts zu erkennen, wobei ich intuitiv auf den dicken Elko ganz unten auf der Platine tippte.

Da sich die Elkos in diesem Gerät nur so häufen, bemühte ich zunächst das Oszi, um mal eine Übersicht zu erhalten. Insgesamt sah das alles  noch erstaunlich gut aus, aber eingelötet täuscht das auch oft.

Ein kleiner hatte ein etwas verzerrtes Bild, ich tauschte ihn mal prophylaktisch, man weiß ja nie...

Beim Durchmessen der Betriebsspannungen fiel mir auf, daß es genau dann krachte, wenn ich den besagten Elko mit der Messspitze tangierte.

Ich lötete ihn einseitig aus und sah ihn mir nochmals mit dem Oszi an, jetzt war mir natürlich alles klar:

Sine verbis!
Sine verbis!

Als ich ihn dann in der Hand hatte, wurde mir auch klar, was hier im argen lag. Im eingebauten Zustand war das nicht zu sehen:

Ein inkontinenter Elko, der sein Elektrolyt erbrochen hat!
Ein inkontinenter Elko, der sein Elektrolyt erbrochen hat!
Die Rückstände des Elkos im Gerät werden nun auch sichtbar...
Die Rückstände des Elkos im Gerät werden nun auch sichtbar...

Von Uher hätte ich wahrlich mehr erwartet: Die Platine ist derart dämlich eingebaut, daß man kaum an die Bauteile kommt. Da man sie auch kaum ausbauen kann, ohne irgendwelche Kabel zu beschädigen, entschloß ich mich für eine nicht ganz so schöne Lösung: Ich lötete die alten Bauteile aus der Platine und reinigte die Löcher. Anschließend lötete ich von der Rückseite die Ersatzteile auf. Nicht schön, klappt aber hervorragend!

Links der Ersatz für unseren aufgequollenen 2200µF-Kandidaten und daneben zwei ersatzgeschaltete Elkos für 150µF.
Links der Ersatz für unseren aufgequollenen 2200µF-Kandidaten und daneben zwei ersatzgeschaltete Elkos für 150µF.

Anschließend baute ich das sinnvoll konstruierte Gerät wieder zusammen (lässt sich einfach wieder an Scharnieren ins Gehäuse klappen und mit dem Tragegriff arretieren) und machte einen Probelauf:

"Veni, vidi, reparavi" sage ich da nur!

Es folgen noch Bilder vom gesamten Innenleben dieser Bandmaschine:

Das Gerät besteht fast nur aus Mechanik: Der gesamte Verstärker befindet sich dicht gedrängt auf der Platine am unteren Bildrand.
Das Gerät besteht fast nur aus Mechanik: Der gesamte Verstärker befindet sich dicht gedrängt auf der Platine am unteren Bildrand.
Nahansicht der Platine und des massiven Motors.
Nahansicht der Platine und des massiven Motors.