Diese Rechenmaschine, oder auch Tischrechner oder Addiermaschine (letzteres trifft es wohl am besten) fand ich in der Garage meines Großvaters, der bis 1990 ein Feinkostgeschäft führte.
Unter einem Haufen Dreck, alten Unterlagen und Nippes, der sogar bei mir den Weg in die Mülltonne gefunden hätte, erblickte ich eine Plastikhaube, die auf irgendetwas technisches schließen ließ.
Nach der Ausgrabung konnte man auch auf dieser wieder den Olympia-Schriftzug entziffern, was mich auch dazu veranlasste, darunter eine Rechenmaschine zu vermuten.
Auf meine Frage hin, ob ich damit richtig läge meinte mein Großvater nur, daß er sich nicht mehr recht entsinne, aber das durchaus möglich sei.
Spätestens, als ich das gute Stück vom Regal hob, war mir klar, daß es sich zumindest um ein Stück massiver Technik handeln musste, was ich bei Olympia aber schon vermutete.
Beim Lüften der Haube strahlte mir eine etwas verdreckte AE D51 entgegen, die ich zunächst für eine der ganz frühen elektronischen Rechenmaschinen hielt, obzwar sie über keine Anzeige, dafür aber zumindest über ein Stromkabel verfügte.
Ein erster Blick unter die Verkleidung widerlegte meine These - es handelte sich um ein vollkommen mechanisches Ungetüm, das nur duch einen Elektromotor angetrieben wurde, folglich elektromechanisch war, sich aber sonst in fast nichts von den handkurbelbetriebenen Maschinen der 50er unterschied!
Ein kleiner Test war nicht unbedingt erfreulich: Das Monster ratterte sehr eindrucksvoll und brachte auch bald schon ein Minuszeichen nach dem anderen zu Papier, ohne einen Befehl empfangen zu haben oder geschweige denn damit aufhören zu wollen; dies konnte ich nur durch ein beherztes Ziehen des Netzsteckers unterbinden, da der Apparat nicht über einen Netzschalter verfügt.
Zuversichtlich, dem auf die Schliche zu kommen, packte ich die Maschine wieder zusammen um sie zu Hause genauer zu begutachten, da mir in Kassel weder die Zeit, noch die Möglichkeiten gegeben waren, sie näher unter die Lupe zu nehmen.
Zu Hause angekommen stand erstmal eine kleine Reinigung an, die zunächst nur mit etwas Wasser vonstatten ging, um den gröbsten Dreck loszuwerden.
Danach öffnete ich die Maschine komplett und war überwältigt von der schöpferischen Macht, die in diesem
Gerät gewaltet hatte! Mein zutiefst empfundener Respekt gilt den Kontrukteuren dieses absoluten Kunstgriffes der Feinmechanik in ihrer ganzen Perfektion!!!
(Anmerkung an Luke: Ich weiß, daß Satzzeichen keine Rudeltiere sind, aber Gentechnik macht´ s möglich - meine Ausrufezeichen haben Vorfahren in Tschernobyl!)
Dazu nur ein kurzes Bild, das leider die Realität nicht annähernd wiedergeben kann:
Der grundlegende Fehler war dann auch schnell gefunden: Die Minustaste hing fest und löste somit in jedem Takt wieder eine Subtraktion aus.
Der Grund dafür war ein festsitzendes Blech, das im folgenden Bild unten an der Plustaste und den Ergebnistasten zu sehen ist.
Ein Tröpfchen Öl und häufiges Hin- und Herbewegen löste die Verklebung und somit das Problem, jetzt ruhte die Maschine, falls man nichts von ihr wollte.
ACHTUNG!!! Niemals falsches Öl benutzen, sonst stirbt die Maschine binnen weniger Monate!!!
Bitte nur harzfreies Feinmechaniköl nutzen!
So kam ich auch erstmals in den Genuß, Zahlen eingeben zu können.
Mein erster Versuch, eine einfache Addition (300+500) auszuführen scheiterte in mehrern Punkten, denn einerseits wollte die Maschine keine 300 oder 500 schreiben, sondern druckte immer nur 3.00 oder 5.00, was allerdings ein Bedienungsfehler meinerseits war, doch dazu später mehr, und andererseits, und das war das viel grundlegendere Problem, wurde es mir von der Maschine unmöglich gemacht, eine der Ergebnistasten zu betätigen, da diese ständig arretiert waren...
Schuld war wieder dasselbe Blech, daß zwar augenscheinlich leichtgängig war, aber nicht 100%ig in die Ursprungsposition zurücksprang und somit die Tasten sperrte.
Grund dafür war ein wenig Garagendreck, der unter das Blech geraten war. Ich schätzte mich glücklich, daß es ein so weit oben gelegenes Bauteil erwischt hatte, baute es aus, säuberte es und schon klappte auch das Rechnen viel besser!
Die Bedienung war äußerst gewöhnungsbedürftig, aber Übung macht den Meister...
Additionen und Subtraktionen führte die Maschine zuverlässig aus und beim Rumprobieren fand ich auch heraus, warum die Kommata zuvor so "willkürlich" erschienen.
Natürlich geschah dies keineswegs willkürlich, sondern gut durchdacht und dann auch leicht zu berücksichtigen:
Die beiden zuletzt eingegebenen Stellen erscheinen immer hinter dem Komma, sodaß für eine 300 im Prinzip 30000 eingegeben werden muss (Oder die Tasten 3 + 00 + 00 bzw. 3 + 0 + 000). Will man also volle Zahlen haben, so müssen am Ende immer noch zwei Nullen oder eine Doppelnull eingegeben werden.
Erleichtert wird die Eingabe durch den Zeiger, der mit jeder eingegebenen Stelle eine Position vorrückt, man folglich über zehn führende Stellen vor dem Komma verfügt. Eine direkte Anzeige der Zahl erfolgt nicht, sie wird nur auf Papier ausgegeben:
Nachdem wir das also geklärt hätten, hier noch ein paar Bedienungshinweise, da eine elektromechanische Rechenmaschine keinesfalls mit einem Taschenrecher o.ä. verglichen werden kann:
- Nach jeder Zahl muss ein Rechenzeichen eigegeben werden.
Bsp.: Taschenrechner: 500 + - + 300 + =
EM-Maschine: 500 + + + 300 + - + *
Dies ist dadurch bedingt, daß diese Maschinen für Rechnungsabschlüsse, bei denen viele Zahlen
hintereinande addiert oder subtrahiert werden müssen, konstruiert wurden (was auch erklärt, warum sie nicht
multiplizieren und dividieren kann). Für einzelne Rechnungen erscheint es etwas kompliziert.
- Die Zwischensumme (Raute über *) bleibt im Speicher stehen und man kann mit ihr weiterrechnen.
Die Endsumme ist eine finale Ausgabe, damit geht immer eine Rücksetzung einher, die Maschine ist
dann wieder "leer".
- Resetbedinungen: Hat man beide Summen belegt, so wird bei einmaliger Betätigung der C-Taste nur die
Hauptsumme zurückgesetzt, die Zwischensumme bleibt bestehen und kann durch zweimaliges C oder
längeres Drücken der Taste geleert werden (man hört jeden Resetdurchgang). Alternativ kann vor C auch R
gedrückt werden, was nur die Zahlenwerte reinigt und die Summen stehen lässt.
Am besten lernt man den Umgang durch "Rumspielen", eine halbe Rolle Papier sollte man dafür allerdings einplanen...
Vielleicht auch noch ein paar Worte zu Aufbau und Funktionsweise einer solchen Maschine...
Ich muß ehrlich zugeben, daß ich diese Maschinen selbst nie ganz verstanden habe, da es unzählige Arbeitsweisen gibt und jeder Hersteller sein eigenes Süppchen gekocht hat, genannt seien nur die Dreispeziesmaschinen, die Staffelwalzenmaschinen, Spaltenaddiermaschienen, Sprossenradmaschinen, jene mit Multiplikationskörper uvm.. Hier handelt es sich um eine Zweispezimaschine (nur Addition und Subtraktion).
Ich bitte daher über ein paar inhaltliche Unkorrektheiten hinwegzusehen, gerade, was Fachbegriffe anbetrifft bin ich auf diesem Gebiet nicht sonderlich bewandert.
Zunächst wieder ein paar Bilder um die Position der Teile zu veranschaulichen:
So, fangen wir am besten direkt mit der Matrix an:
Sie bildet das Herzstück einer Rechenmaschine dieser Bauart. Sie sitzt unter der Tastatur und besteht aus zehn mal zehn Nocken zzgl. einiger die für Übertragungen und Vorzeichen sorgen.
Auf jeden Fall ist diese Matrix auf einem Schlitten montiert, der unter der Tastatur hindurchgezogen wird.
Betätigt man nun eine Taste, so drückt ein Stift, der an ihr befestigt ist eine dieser Nocken an einer bestimmten Position nieder, diese rastet ein. Gleichzeitig zieht die Feder den Schlitten um eine Position weiter, dieser nimmt den roten Zeiger im Sichtfenster mit, die Ziffer ist eingegeben. Das geht so weiter, bis die gesamte Zahl in der Matrix gesetzt ist. Natürlich ist disese so konstruiert, daß sie beachtet, daß die Tasten nebeneinander liegen.
Andere Maschinen hatten für jede Stelle ein Sprossenrad, was das ganze etwas vereinfacht.
Jetzt wird z.B. die Additionstaste betätigt, die Zahl wird also mit einem posititven Vorzeichen auf das Papier gedruckt. Gleichzeitig steht sie jetzt im Zwischenergebnis, da der eingegene Wert in der Matrix umgeformt und
in die erste Ergebnisebene übertragen wurde - die Matrix ist zurückgesetzt.
Nun kommt die zweite Zahl ins Spiel: Der Ablauf wiederholt sich, gehen wir zunächst von einer einfachen Addition aus. Jetzt wird die Zahl beim Drücken der Additionstaste erneut von der Matrix in die Ergebnisebene übertragen, Stelle für Stelle werden dabei die Ziffern addiert, indem Nocken versenkt werden.
Ist eine Spalte "voll", also sind alle zehn Nocken versenkt (neun Ziffern + 0), so wird diese komplett zurückgesetzt, also alle Nocken wieder "ausgefahren" und die nächsthöhere Stelle (die Spalte links davon) erhält einen Übertrag, wie beim schriftlichen Addieren, indem eine Nocke versenkt wird.
So addiert die Maschine von hinten nach vorne sämtliche Stellen auf.
Bei Subtraktionen gelingt dies in ähnlicher, doch teilweise umgedrehter Reihenfolge, sodaß die zweite Zahl von der ersten abgezogen wird und ggf. ein negatives Vorzeichen erhält.
Steht nun die fertige Zahl, also das Ergebnis in der Ergebnisebene, so wird es auf Papier gebracht.
Alles außer dem Eingeben der Ziffern passiert angetrieben durch den Motor, wofür man früher die obligatorische Kurbel nutzte.
Faszinierend ist nur, daß dieser doch recht komplizierte Vorgang, der vollkommen mechanisch abläuft und hier ja auch nur heruntergebrochen dargestellt ist, innerhalb etwa einer Sekunde vonstatten geht!
Ein Interessantes Detail dieser Maschine ist vllt. auch noch das Anschlusskabel, das ich in dieser Form noch nie gesehen hatte und heilfroh um den Umstand bin, daß es noch dabei war! Vermutl. handelt es sich um eine Eigenart der Firma Olympia...: