Modell: 7-41 WU
Baujahr: 1951/52 (dieses Exemplar vermutl. 1951)
Röhren: ECH42, EAF42, EF80, EAA91, EL41, EM11
Kreise: 6 AM, 7 FM
Kaufpreis: 20,- €
Anschaffung: 02.01.16
Fertigstellung: 29.01.22
Bänder: LW, MW, KW (mit KW-Lupe), UKW, (TA)
Gehäuse: Holz
Antennen: Gehäuse-Dipol
Abstimmung: AM: kapazitiv
FM: induktiv
Klangregister: Tonblende
Link zu rm.org: AEG 7-41 WU
Parallelmodell: TFK Rhythmus 52
Dieses Gerät kaufte ich 2016 über das DRF bei einem Sammlerkollegen, der es laut eigenen Angaben gekauft hatte, um ihn des Bedienknopfes für den Wellenschalter zu berauben, den er für ein anderes Gerät brauchte.
Das Gehäuse war für ein Alter von rund 70 Jahren hervorragend erhalten und wies ein schönes gespiegeltes Furnier auf. Auch der Lack war bis auf ein paar kleine Wasserflecken makellos und das Gerät ansonsten vollständig. Das einzige Manko aus meiner Sicht war der zerbrochene Wellenschalterknopf, den das Gerät nach der Organspende zurückerhalten hatte.
Es handelt sich hierbei um eines der ganz frühen UKW-Geräte, einen Reflexempfänger der ersten Stunde. So rudimentär diese Technik auch anmutet, so viel Spaß kann man auch mit ihr haben.
Natürlich ist die Empfangsleistung nicht so gut wie bei einem richtigen Superhet der späteren Jahre, aber ich finde, die Schmach, die diese alten Geräte bei vielen Sammlern zu erdulden haben, haben sie nicht verdient. Einen VW Käfer vergleicht man ja auch nicht mit einem modernen Porsche.
Jedenfalls gab es das gleiche Chassis auch im oben genannten TFK-Modell und als AEG 7-41 GWU existierte auch eine Allstromversion mit einem U-Röhrensatz.
Auch wenn die Schaltung für die damalige Zeit nichts besonderes ist, so finde ich es bemerkenswert, wie sehr dieses Radio den Schnittpunkt einiger Entwicklungsstadien repräsentiert. Man möge sich einmal vor Augen führen, daß dieser doch eher ungewöhnliche Röhrensatz Röhren aus vier Gattungen vereinbart: Zum einen die althergebrachten Stahlröhren (EM11), die zu dieser Zeit gerade aktuellen Rimlockröhren (ECH42, EAF41, EL41), eine Miniaturröhre (EAA91) und auch schon eine Novalröhre (EF80).
Ob dies dem Produktionsjahr und der Umstellung auf die Novalröhren oder Materialmangel nach dem Krieg zuzuschreiben ist, wage ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls treffen in diesem bunten Sammelsorium an Röhren einige Kandidaten aufeinander, die man sonst (jedenfalls außerhalb weniger Jahre) eher nicht so zusammen findet.
Auch das Gehäuse mit dem als Drehschalter ausgeführten Wellenschalter an der Seite folgt noch dem Design aus den Vorkriegs- und Kriesjahren. Bereist ein Jahr später hatten fast alle Hersteller auf die bekannten Gebisstasten umgerüstet, die ab da für 20 Jahre prägendes Merkmal der Radios bleiben sollten.
Als ich das Gerät in Empfang nahm, waren schon alle kritischen Kondensatoren getauscht (bis auf einen versteckten, wie ich später feststellte, der mir auch fast durch die Lappen gegangen wäre), denn der Vorbesitzer konnte der Versuchung wohl nicht widerstehen, es doch zum Laufen zu bringen, was ich angesichts des schönen Gehäuses auch verstehen kann.
Nur der Becherelko war in einem äußerst desolaten Zustand und so flog er umgehend raus.
Ich machte einen kurzen Probelauf und stellte fest, daß der UKW-Empfang irgendwie doch deutlich schlechter war, als gedacht. Da ich zu der Zeit anderes zu tun hatte, wanderte es erstmal ins Lager.
Zwei Jahre später buddelte ich es wieder aus und die Misere begann.
Bei einem weiteren Test zeigte der Trafo einen Windungsschluß. Ob er schon vorher einen Schlag hatte oder meine Lagerung zu feucht war, kann ich nicht mehr nachvollziehen, aber da auch der AÜ nach längerer trockener Lagerung noch die Grätsche machen sollte (dazu später mehr), scheinen die Trafos damals ziemlich auf Kante genäht worden zu sein.
Der Tod des Originaltrafos war zwar schade, aber nicht ganz so dramatisch, da es sich hier um einen Spartrafo handelt und ich ohnehin gerne eine Netztrennung gehabt hätte.
Da ich noch nicht wusste, ob ich das Radio erhalten würde, bastelte ich zunächst schnell eine kleine Hässlichkeit hin:
Mit diesem frankensteinschen Netztrafo konnte ich dem Radio zwar wieder Töne entlocken, aber die Anodenspannung war zu hoch und es stellte sich auch kein sauberer Hörgenuß ein. Das Gerät wanderte also wieder ins Lager.
Nachdem es noch meinen Umzug mitmachte und ich mehrmals im Keller davorstand und ein paarmal kurz davor war, es zu schlachten, fasste ich mir Anfang 2022 ein Herz und schaffte es wieder auf die Werkbank.
Bei einem kurzen Test zeigte sich ein ziemlich bescheidener UKW-Empfang und das zu erwartende Rauschen des Todes auf allen AM-Bändern.
Da ich diese abenteuerliche Wellenschalterkonstruktion schon aus meinem 42 WU/K kannte, hatte ich einen Verdacht und nahm mir die zwei Stunden Zeit, die es brauchte, die Kontaktzungen zuerst mit Schleifpapier und dann mit einem Stückchen in Benzin getränktem Karton zu behandeln.
Als ich dann wieder einschaltete, hatte ich einen recht passablen UKW-Empfang. Die späteren Geräte mit Gebisstasten sind dann doch deutlich zuverlässiger, obwohl es mehr bewegliche Teile gibt.
Auffällig ist bei diesem Radio, daß der Kontakt stark von der Positionierung des Chassis abhängt. Solange es nicht im Gehäuse verschraubt ist, neigt es durch die extrem flache Konstruktion stark zum Verwinden und die Kontaktzungen heben sich stellenweise von den Messingplatten ab.
Der Wellenschalter ist hier auf einer Pertinaxplatte montiert, die neben dem offenen Spulensatz sogar noch eine Röhrenfassung und das Variometer beherbergt.
Es fiel auf, daß dieses Radio sehr viel in Betrieb gewesen sein muß. Zum einen hatte der Vorbesitzer mir gesteckt, daß drei der Röhren fast völlig ausgebrannt waren und zum anderen konnte man vielen Teilen im Inneren schon ansehen, daß sie über einen sehr langen Zeitraum warm geworden waren.
Dies stand im krassen Gegensatz zu dem guten Gehäusezustand und dem fast lupenreinen Schallwandstoff, der auch nicht den Eindruck machte, einmal getauscht worden zu sein.
Wäre der äußere Zustand nicht so gut gewesen, so hätte ich darauf getippt, daß das Radio ehemals in einer Kneipe oder ähnlichem stand, wenn man nach der Art des abgelagerten Drecks geht, der leicht fettig war und meiner Meinung nach auch Nikotinbestandteile hatte. Rauchergeräte sehen aber in der Regel vor allem an der Schallwand deutlich brauner aus. Jedenfalls war das Innenleben stark versifft.
Meine Überlegung, ob vielleicht einmal aus zwei Geräten eines gemacht wurde und das Chassis von einem anderen Radio stammte als das Gehäuse, musste ich allerdings verwerfen, als ich sah, daß die Seriennummern auf dem Chassis, der Rückwand und dem Gehäuse übereinstimmten.
Nachdem ich das Chassis nun also doch so leicht wieder zum Laufen bekommen hatte, stand einer kompletten Überholung nichts mehr im Wege.
Zuerst einmal wollte ich das Erscheinungsbild des Netzteils bereinigen, wozu ich dieses eigentlich komplett neu aufbauen musste, und wählte aus meiner inzwischen umfangreichen Sammlung an Radiotrafos einen aus, der sowohl von den Maßen, als auch von den Wicklungsdaten einen guten Eindruck machte. Es handelte sich dabei um den Trafo eines Blaupunkt Virginia 2430, den ich mal irgendwann zugekauft hatte und der mir willkommener war als ein Spartrafo. Darüber hinaus verfügt er sogar über eine Schirmwicklung.
Da ich den Trafo nun sowieso tauschte, wollte ich wenigstens eine Netztrennung haben. Anderenfalls hätte ich den originalen Trafo aber wohl beibehalten. Einzig und allein die Befestigungsmaße passten nur rudimentär, aber etwas besseres hatte ich nicht zur Hand und ich hatte gesehen, daß viele Bleche mit Langlöchern versehen waren. Immerhin sollte die Versorgung des AEG für einen Trafo, der für die harmonische Reihe gedacht war, ein Kinderspiel sein.
Darüber hinaus wollte ich dem Gerät auch einen Brückengleichrichter spendieren.
Die Anpassung des Trafos stellte sich dann doch als recht umfangreiche Arbeit heraus, aber ich finde, es hat sich gelohnt. Auch wenn vermutlich niemand außer mir in dieses Radio hineinguckt, ist der Unterschied auf den ersten Blick kaum zu erkennen.
Zuerst befreite ich den neuen Trafo von seinen eigenen Winkeln und Montageblechen und montierte die originalen Winkel von dem AEG-Trafo ab, um sie wiederzuverwenden.
Es erforderte an fast allen Löchern den Einsatz der Schlüsselfeile und häufiges Nachmessen, um die ursprünglichen Löcher so zu Langlöchern zu feilen, dass alles gut passt und auch dem Auge schmeichelt.
Die unteren Winkel für die Montage am Chassis waren noch recht einfach. Viel aufwendiger gestaltete sich der obere Teil, der auch den Spannungswähler und die Sicherung trägt.
Da der AEG-Trafo ein schmaleres Blechpaket hatte, passte der Abstand der beiden Bleche nicht mehr und so musste ich die Nieten am Spannungswähler ausbohren, die ehemaligen Nietlöcher verlängern und mit M3-Schrauben wieder befestigen. Auch hier ist der Unterschied kaum zu erkennen, wenn man es nicht weiß.
Der netzspannungsseitige Anschluß des Trafos war ein wenig Fummelarbeit. Zum einen musste ich die
127 V-Anzapfung abklemmen, da der Spannungswähler diese Einstellung nicht bietet und zum anderen waren die Anschlussdrähte zu kurz, sodaß ich diese an einigen Stellen verlängern musste, aber am Ende passte auch das alles und bis auf den Trafo selbst konnte ich alle Originalteile wiederverwenden.
Da die Anschlüsse der Sekundärwicklungen sehr kurz waren, weil sie im Blaupunkt auf eine Pertinax-Lötleiste geführt wurden, die sich direkt am Trafo befindet (s. oben), musste ich diese irgendwie verlängern.
Sie einfach anzulöten und mit Schrumpfschläuchen zu versehen fand ich weder ästhetisch, noch authentisch und so beschloß ich, die Pertinaxleiste wiederzuverwenden.
Um sie zu befestigen schnitt und bog ich mir aus einem kleinen Blech aus einem alten Kassettendeck einen passenden Winkel und nietete ihn an die Leiste, sodaß ich sie in der Nähe des Trafos an einem bereits vorhandenen und ungenutzen Loch im Chassis befestigen konnte.
Der Selengleichrichter musste allerdings zugunsten des dickeren Trafos weichen.
So weit, so gut.
Nachdem Elko und Netztrafo getauscht waren, blieb eigentlich nur noch der Gleichrichter. Da ich statt einer einzelnen Diode gerne einen Brückengleichrichter haben wollte, kramte ich in meinem Vorrat und fand ein gnadenlos überdimensioniertes Expemplar, das aufgrund einer Bohrung allerdings dankbar in der Befestigung war. So schraubte ich ihn einfach an ein ebenfalls bereits vorhandenes Loch unter´ s Chassis und schloß ihn an.
Nachdem das Netzteil also quasi komplett neu aufgebaut war, wollte ich meine Schöpfung testen.
Es klappte direkt auf Anhieb alles, wie es sollte. Da auch die Spannungen im Rahmen waren, solange das Gerät an der Vorschaltlampe lief, ließ ich es in dieser Konfiguration ein wenig in Betrieb.
Nach etwa zehn Minuten hörte ich ein Prasseln aus dem Lautsprecher und ein Knistern vom Chassis, ein Rauchwölkchen stieg aus dem AÜ empor. Das erste Mal seit langer Zeit schlug ich auf den Not-Aus an meiner Werkbank.
An dieser Stelle ein kleines Intermezzo zum Thema Not-Aus:
Früher hatte ich solche Einrichtungen im Hobbybereich immer etwas belächelt. Fairerweise muß man sagen, daß ich in diesem Falle fünf andere Möglichkeiten gehabt hätte, das Radio stromlos zu schalten (Schalter an der Stromversorgung, Schalter an der Vorschalteinrichtung, AC/0/DC-Schalter, Stecker des Radios, Schalter am Radio), aber bei keiner davon wäre ich so schnell gewesen, wie über den Not-Aus.
Natürlich wäre zumindest der Hauptschalter am Radio mindestens genauso schnell erreichbar gewesen, aber in solchen Momenten, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert und man überrascht wird, dann ist so ein dicker, leuchtend roter Knopf, von dem man unterbewusst weiß, daß er keinem anderen Zweck dient, als alles abzuschalten, was auf der Werkbank liegt, nicht zu unterschätzen. Im Überraschungsmoment braucht man nicht nachzudenken, sondern einfach nur daraufzuhauen, was dann doch hin und wieder die wichtigen zwei Sekunden Unterschied machen kann, weil man damit sofort die Situation entschärft und erst hinterher nachzudenken braucht.
Aber zurück zum AEG: Mir war klar, daß der AÜ nahezu unter Garantie die Grätsche gemacht hatte. Als ich das Radio probeweise noch einmal kurz hochzufahren versuchte, begann es schon bei 100 V Primärspannung wieder im Lautsprecher zu brizzeln. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich es wohl wirklich geschlachtet, aber das Gerät war durchtrieben genug, die Trafos nacheinander sterben zu lassen, sodaß ich nun auch noch den AÜ wechseln musste, sollte die ganze Arbeit vorher nicht umsonst gewesen sein.
Da ich die Spannungen während des gesamten Probelaufs überwacht hatte, tippe ich bei dem Defekt der beiden Transformatoren hintereinander auf Feuchteschäden oder eine überalterte Isolation. Vermutlich lief die Endstufe durch die neuen Elkos und den Gleichrichter das erste Mal seit Jahrzehnten wieder mit Nennspannung, was dann zu viel für den AÜ war. Hätte ich das Gerät nicht an der Vorschaltlampe gehabt, hätte er wahrscheinlich direkt aufgegeben...
Also führte mein Weg mich erneut an meinen Transformatorenvorrat und ich schichtete schätzungsweise 20 Ausgangsübertrager für Endstufen mit EL84 um, bevor mir der einzige für eine EL41 geeigneten in meinem Bestand in die Hände fiel, von dem ich ganz genau wusste, daß ich ihn noch irgendwo hatte. Gut Haus verliert nix und so...
Es handelte sich um einen AÜ aus einem Grundig 955, der zu meiner großen Freude nahezu exakt passte. Die Spannungsangaben im Schaltplan des Grundig stimmten so gut wie 1:1 mit denen des AEG überein und auch die Anzapfungen passten wunderbar. Schwein gehabt, sage ich da nur.
Ich befürchtete erneut eine Orgie, was die mechanische Anpassung anging, da der Grundig-AÜ ein wenig kleiner ausfiel und ja auch die Lötleiste auf dem Übertrager wieder irgendwo Platz nehmen musste. Ich brütete ein paar Ideen aus, die ich alle wieder verwarf, bis ich feststellte, daß ich vielleicht den gesamten Blechrahmen samt der Anschlussleiste übernehmen könnte.
So baute ich den alten AÜ zunächst aus, wozu ich die Anschlüsse ablötete, vorsichtig die Schränklaschen auf der Oberseite an der Leiste aufbog und zwei Schrauben löste, was sich als ziemliche Fummelarbeite erwies.
Anschließend befreite ich den Blechrahmen vom Wickelkern und den Trafoblechen und schob den neuen AÜ hinein. Entgegen meiner Hoffnung war die Passung nicht so gut, der Trafo schlackerte im Rahmen.
Na ja, besser zu klein als zu groß. Aus Hartschaum schnitt ich mir drei Streifen, mit denen ich den AÜ in den Rahmen einfügte und siehe da: Er passte wie angegossen!
Angeschlossen war er relativ schnell, die Lötleiste ließ sich auch wieder problemlos anbringen, nur die Verschraubung mit dem Chassis war ziemlich abenteuerlich und kostete mich über eine Stunde, gelang aber am Ende mit Hilfe zweier Pinzetten und eines Magneten.
Nachdem das nun erledigt war, musste ich noch die anliegende Spannung reduzieren, da durch den neuen Trafo und den Siliziumgleichrichter einige Volt zu viel anlagen. Auch im vorherigen Provisorium mit der einzelnen 1N4007 gab es schon einen 150 Ω - Widerstand für die Anodenleitung. Da durch die heutige Netzspannung aber auch die Heizspannung zu hoch ausfiel, plante ich noch einen primärseitigen Vorwiderstand ein. Probieren geht wie so oft über studieren und so landete ich mit ebenfalls 150 Ω einen ziemlichen Volltreffer, was die Heizspannung betraf, die hier Priorität hat. Die Anodenspannung lässt sich bei Bedarf auch sekundärseitig noch gut korrigieren.
Das Problem bestand wie so häufig in der Anbringung dieses stark wärmeentwickelnden Bauteils. Da sich hier keine günstige Gelegenheit bot, musste ich selbst eine Halterung bauen, die mechanisch stabil war und eine gute Belüftung gewährleistete.
Mir fiel ein, daß ich noch irgendwo alte Flachleisten aus Aluminum herumliegen hatte, die ehemals als Gardinenstangen in einem Wohnmobil montiert waren. Man sollte eben doch alles aufheben - man kann es nämlich wirklich noch mal gebrauchen!
Ich schnitt also zwei Teile ab, bohrte sie und schnitt Gewinde ein. Anschließend konnte ich den Zementbunker mit zwei M4er-Schrauben bombensicher dazwischen einklemmen (Achtung: Nicht zu fest anziehen, Bruchgefahr).
Mit dieser Lösung ließ sich der kleine Elektroofen bequem seitlich am Chassis befestigen, wo er keinen sensiblen Bauteilen zu nahe kommt und sich direkt am Netzschalter einschleifen ließ.
Nun endlich, nach vielen Stunden Arbeit konnte ich einen Probelauf machen.
Laut Plan sollten bei 220V~ Netzspannung hinter der Siebkette 260V- anliegen. Mit der Modifikation zeigte sich bei 230V~ Netzspannung nach dem Aufheizen ein sehr erfreuliches Ergebnis:
Zu meiner Freude war auch die Stromaufnahme im Rahmen und diesmal ging kein Trafo in Rauch auf.
Den Test als vollen Erfolg zu titulieren wäre dennoch sehr optimistisch. Sobald die Endstufe warm war, piff es mir mit voller Lautstärke aus dem Lautsprecher entgegen. Der NF-Verstärker schwang wie wild!
An dieser Stelle beginnt mal wieder eine dieser Brett-vorm-Kopf-Geschichten. Aber aus denen lernt man ja bekanntlich am nachhaltigsten...
Daß die Kopplung zu fest war und aus der Gegenkopplung eine Mitkopplung geworden war, war klar. Die hier verwendeten AÜs, sowohl der originale als auch das Ersatzteil, haben keine eigene Rückkopplungswicklung, sondern werden mittels eines RC-Netzwerks direkt an der Lautsprecherwicklung angezapft.
Ich fummelte tatsächlich ein paar Tage lang an diesem RC-Netzwerk herum, vergrößerte Kapazitäten und dämpfte mit höheren Widerstandswerten. Ich kann nicht leugnen, daß ich dabei einiges über die praktischen Auswirkungen dieser Größen auf die Rückkopplung lernte, aber erst danach kam ich auf die eigentlich offensichtliche Idee, daß ich den AÜ sekundärseitig falschherum angeschlossen haben könnte.
Natürlich hatte ich die Farben der Anschlüsse aus dem Schaltplan des Grundig abgeschrieben und auf die Anschlüsse des AEG umgeplant, aber die Selbstkontrolle versagte. Darauf, daß ich bei den paar Käbelchen einen Fehler gemacht haben könnte, kam ich nicht.
Als ich noch einmal nachsah, fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich sah meinen Übertragungsfehler.
Ich schloss die Lautsprecherwicklung andersherum an und es war Ruhe. Also Ruhe mit dem Pfeifen, das Tonsignal kam weiterhin wohlbehalten an ;)
Zur Erklärung: Bei einer normalen Gegenkopplung (und als solche fungiert eine Rückkopplung in einem Audioverstärker) wird ein Teil des Ausgangssignal auf den Eingang des Verstärkers phasenverkehrt zurückgeführt und vom Eingangssignal subtrahiert. Das führt zu einer Linearisierung des Frequenzgangs, was klanglich allgemein als ausgewogener empfunden wird.
Wird nun die RK-Wicklung oder in diesem Falle die Sekundärwicklung falsch herum angeschlossen, so erfolgt eine Phasendrehung um 180°. Nun wird der zurückgeführte Signalanteil nicht mehr vom Eingangssignal subtrahiert, sondern zu diesem addiert und der Verstärker "schaukelt" sich hoch, er beginnt zu schwingen und wird zum Oszillator. Nichts anderes tut übrigens der Oszillator in einem Superhet, nur eben beabsichtigt.
Jedenfalls macht sich das in einer NF-Stufe üblicherweise als Kreischen oder Pfeifen bemerkbar. Durch die Umpolung der Wicklung wird der Effekt wieder aufgehoben.
Das ist auch ein ganz nettes Beispiel dafür, daß auch bei Wechselstrom die Anschlüsse nicht immer frei gegeneinander vertauschbar sind.
Da die EM11 wie üblich vollkommen ausgebrannt war und sich auch von den gängigen Regenerierungs- methoden gänzlich unbeeindruckt zeigte, probierte ich mein Glück mit einer Erhöhung der Anodenspannung. Ich versorgte die Röhre direkt aus der Siebkette und konnte ein Leuchtbild erzielen, das zumindest bei Dämmerung noch zu erkennen ist. Besser als gar nichts, aber eine neue Röhre war mir das Gerät beim besten Willen nicht wert.
Eigentlich wollte ich das Radio noch neu abgleichen, da ich das bei einem Reflexempfänger noch nie gemacht hatte, aber zu meiner Enttäuschung hatten die Spulen zum einen Kerne mit sechseckigem Kopf, für die ich kein passendes Besteck hatte und zum anderen waren sie mit einem äußerst widerspenstigen Sicherungslack fixiert, den aufzubrechen mir zu riskant war. Ein abgbrochener Kern hätte meine ganze Arbeit an dem Gerät zunichte gemacht. So blieb es dann also bei dem originalen Abgleich.
Im Probelauf fiel mir auf, daß es dem Gerät irgendwie ziemlich an Esprit mangelte. Bei voll aufgedrehtem Lautstärkeregler kam man gerade an die obere Grenze, von dem, was man noch als Zimmerlautstärke ansehen kann.
Natürlich sind EL41-Endstufen von Natur aus etwas schwächer auf der Brust als die EL84-Endstufen, auf die mein Gehör geeicht ist, aber das war eindeutig zu wenig.
Entgegen den Notizen meines Vorgängers musste ich feststellen, daß die EL41 ziemlich ausgelutscht war. Statt der im Plan eingetragenen 6,4 V Kathodenspannung hatte ich gerade mal 4,2 V. Mal wieder ein klassisches Beispiel dafür, daß der Messwert auf einem Röhrenprüfgerät nur einen beschränkten Aussagegehalt über das Verhalten einer Röhre in der Schaltung hat.
Leider hatte ich keine neue Röhre mehr da, also probierte ich mich durch meinen Vorrat an gebrauchten Exemplaren. Die beste, die ich noch hatte, brachte es auf 5,3 V Kathodenspannung. Das war nicht der Knaller, aber immer noch gut genug für das Gerät und vor allem für meine Ansprüche an die Lautstärke. Diese einfache Endstufe beginnt recht früh zu verzerren und ist dann ohnehin kein akustischer Genuss mehr.
Auch das war für mich ein Zeichen dafür, dass das Gerät zahlreiche Betriebsstunden auf der Uhr haben muss.
Da war doch tatsächlich nach 70 Jahren und einigen tausend Betriebsstunden schon die Endstufenröhre verschlissen - auch alles keine deutsche Wertarbeit mehr ;)
Zu meiner großen Freude war der Seilzug in Ordnung... Den neu zu machen wäre keine Freude geworden, da alle Züge mit verschiedenem Wickelsinn auf einer zentralen Achse laufen:
Auch wenn jetzt ein Trenntrafo verbaut war, so galt es noch eine böse Falle zu beseitigen: Bei diesem Gerät ist die Zusatzlautsprecherbuchse nicht einfach sekundärseitig am AÜ angeschlossen, sondern primärseitig und somit auf die hochohmigen Lautsprecher angepasst, die man bis zum Ende des Krieges häufig vorfand. Auf der Rückwand stand nichts davon, aber im Schaltplan sieht man es auf den ersten Blick.
Damit einher geht, daß auf besagter Buchse, die von hinten frei zugänglich ist, die volle Anodenspannung von 260V- anliegt. Nicht nur, daß hier die akute Gefahr eines saftigen Stromschlags besteht, sondern auch ein niederohmiger Zusatzlautsprecher üblicher Bauart würde sofort gegrillt, wenn man ihn an diesem Radio anschlösse.
Da ich ohnehin nicht vorhatte, diese Buchse zu benutzen und schon ein schönes Loch in der Pertinaxplatte für einen Mittelanschluß vorhanden war, verdeckte ich sie kurzerhand mit einer Kunststoffplatte. Zum Glück störte das die Befestigung der Rückwand nicht.
Nachdem das Chassis nun wiederbelebt war, ging es an den für mich eher unliebsamen Teil: Die Kosmetik.
Zum Glück war am Gehäuse nichts zu machen...
Der weiter oben beschriebene Dreck ließ sich fast überall so gut wie rückstandsfrei und erfreulich einfach mit Waschbenzin entfernen. Ich sage es ja immer wieder: Fett konserviert so gut wie nichts anderes. Zum Vorschein kam ein glänzendes Chassis. Nur die Pertinaxteile, speziell die Trägerplatte für den Wellenschalter waren etwas schlecht zu putzen, weil die ganzen Lötösen im Weg waren.
Das Gehäuse saugte ich von innen gründlich aus und die Skalenscheibe unterzog ich einer behutsamen Reinigung mit Waschbenzin und Scheibenreiniger. Dabei ist darauf zu achten, daß die Rückseite mit der empfindlichen Beschriftung nicht in Kontakt zu den Reinigungsmitteln kommt.
Bei diesem Radio besteht die Besonderheit, daß die Skala nur mit doppelseitigem Klebeband fixiert ist. Ich nehme an, daß sie einem bei einem Gerät im Originalzustand direkt entgegengefallen kommt. In meinem Falle war sie mit altem Isolierband zusammengehalten, dessen Rückstände zu entfernen sich als lästig erwies.
Immerhin war das doppelseitige Klebeband derart eingetrocknet, daß es keinerlei Klebkraft mehr hatte und bis auf zwei kleine Ausnahmen keine Farbe vom Glas abgerissen hatte.
So konnte ich die Scheibe gut reinigen und nachher wieder an Ort und Stelle anbringen, diesmal mit Textilklebeband, das ich wegen des zeitgnössischen Aussehens gerne verwende und auch nur von vorne, damit die Farbschicht geschützt bleibt.
Schön zu sehen ist auch der Einfluss von 70 Jahren Tageslicht, wo die Scheibe vom Gehäuse verdeckt ist.
Zuletzt waren wie immer die Knöpfe dran. Es waren noch alle vier frontalen Bedienknöpfe vorhanden und ich badete sie wie üblich in Zahnersatzreiniger. Wie zu erwarten wurde das Bakelit dabei etwas matt, ließ sich aber mit Autolackpolitur wieder ganz gut auf Glanz bringen.
Die Ziernuten an den Knöpfen scheinen original nicht lackiert gewesen zu sein. Da ich aber fand, daß es ganz gut zu dem Gerät passen würde, versah ich sie mit einem feinen Goldstreifen.
Ein Problem war ein Bruch im AM-Knopf, an dem offenbar einmal jemand die Madenschraube zu fest angezogen hatte. Zum Glück war das Bruchstück vorhanden und so konnte ich ihn mit 2K-Kleber kleben und vorsichtig wieder montieren. Im Gegensatz zum Lautstärkeregler und Ein/Aus-Schalter muss er keine großen mechanischen Belastungen aushalten, daher sollte es halten.
Es blieb noch ein weiteres Knopfproblem: Wie bereits erwähnt wurde das Gerät seines originalen Knopfes für den Wellenschalter beraubt und erhielt dafür das zerbrochene Exemplar des Empfängergeräts. Der Vorbesitzer war zwar so freundlich, mir einen ähnlichen Knopf beizulegen, allerdings war dieser schwarz und nicht braun, passte von den Maßen her nur sehr grob und war ebenfalls extrem matt und hätte sich aufgrund der Geometrie kaum aufpolieren lassen.
So probierte ich, zunächst wenig zuversichtlich, mein Glück im DRF und bekam innerhalb zweier Tage ein Angebot über einen Knopf, dessen Schaft etwas zu lang war, der aber ansonsten optisch sehr nah am original war.
Eine Woche später hatte ich ihn hier auf der Werkbank, kürzte, reinigte und montiere ihn. Für den ungeübten Betrachter ist der Unterschied nicht zu erkennen.
Offenbar sind diese Knöpfe sehr zerbrechlich, denn in Sammlerkreisen hört man oft von Defekten an dieser Stelle und beim Bearbeiten fiel mir auch auf, daß das Material extrem spöde ist.
Zuletzt saugte ich das Gehäuse aus und lötete die wie immer abgerissene Verbindung zur Bodenabschirmung wieder an. Zudem gab es noch ein neues altes Netzkabel, das mir besser gefiel als der vorgefundene Rest eines Lichterkettenkabels.
Die Reinigung beschränkte sich ab diesem Punkt auf ein Abwischen mit dem Staubtuch.
Da sowohl der Schallwandstoff, als auch das Gehäuse und die Zierleisten noch nett aussehen, mag ich es optisch ganz gerne. Vor allem ist es auch mal eine nette Abwechslung zu den Gebissradios der Folgejahre.
Auf den folgenden Bildern wirkt das Gehäuse leider etwas schäbiger, als wenn man davorsteht.
Das einzige optische Manko ist die durch den Umbau des Trafos nicht mehr korrekt angezeigte Netzspannungseinstellung, was sich jedoch nicht ohne immensen Aufwand vermeiden ließ. Da wohl ohnehin nie mehr jemand den Spannungswähler betätigen wird, nahm ich es so in Kauf.
Abschließend kann ich nicht behaupten, daß es sich hierbei um eine schöne Reparatur handelte oder ich sonderlich viel Spaß dabei hatte. Dennoch ist es immer ein schönes Gefühl, wenn so ein Gerät nach 70 Jahren noch einmal eine neue Chance bekommt.
Es war extrem viel Metallarbeit nötig, was die Trafos betraf und man kann nicht sagen, daß der Aufbau sonderlich servicefreundlich ist. Hinzu kam das ganze Herumgefrikkel meiner Vorgänger und mir, das ich relativ aufwendig zu bereinigen hatte.
Was bleibt sind auch immer wieder auftretende Kontaktprobleme am Wellenschalter, die sich mit keinem der mir bekannten Verfahren beseitigen ließen. Der Empfang ist so gut, wie man es für so eine frühe Reflexschaltung erwarten kann.
Auffällig ist, daß die UKW-Skala auf der Skalenscheibe exzentrisch, extrem weit unten, gerade so noch im Ausschnitt angebracht ist. Solche Designs kenne ich eher von Geräten, die für einem UKW-Nachrüstsatz vorbereitet waren.
Ich wurde während der ganzen Reparatur das Gefühl nicht los, daß man bei AEG ursprünglich ohne UKW geplant hatte und dann nachträglich, kurz vor der Serienreife dem Zeitgeist folgend, noch eine Erweiterung vornahm, womit diese Skala vielleicht ehemals als reine KW-Lupe gedacht war.
Auch die erwähnte Röhrenbestückung und das offene UKW-Teil mit dem Variometer auf der Pertinaxplatte legen diesen Verdacht nahe. Alle UKW-Komponenten sind auf dieser Platte angebracht, sodaß ich annehme, daß es auch zumindest in der Entwicklung eine andere Pertinaxplatte ohne UKW gab, die den gleichen Platz einnahm.
Wie dem auch sei, ein weiteres geschichtsträchtiges Radio ist vor dem Schrott bewahrt und wird hoffentlich noch viele Jahre seinen Dienst tun können.