Rohde & Schwarz Messsender SMAF

Steckbrief

Modell: Empfänger-Messsender SMAF BN41404

Baujahr: 1954

Röhren: 2 x EC81, E180F, 4 x EF80, EL84, PL81, 85A2

Anschaffung: Juli 2020

Fertigstellung: 07.01.2021

Gehäuse: Aluminium-Guss

Gewicht: 28 kg

Link zu rm.org: Rohde & Schwarz SMAF

Huldigung

Tja, in diesem Falle kann ich unmöglich direkt mit dem Reparaturbericht fortfahren, denn dieses Gerät bedarf einer besonderen Würdigung.

Wer sich im Metier etwas auskennt, der weiß sicher um den Ruf der Rohde & Schwarz-Geräte.

Bemerkenswert ist hierbei, daß auch unter Profis ihres Faches meistens Meinungsverschiedenheiten über das beste erhältliche Werkzeug herrschen, jeder hat mit irgendeinem Hersteller sein Steckenpferd. Nicht so hier, bei R&S sind sich alle, die ich kenne, einig.

Bis zu dem Tag, an dem dieser Messsender bei mir Einzug hielt, hatte ich schon viel von der Firma gehört, auch bei Bekannten schon ab und zu mal ein Produkt im geschlossenen Zustand und natürlich ein paar Internetbilder von Innereien solcher Mess- und Funkgeräte gesehen.

Der massive Aufbau und die absolut hochwertige Verarbeitung waren auch aus diesen Quellen schon unverkennbar, doch auf das, was mich bei der Arbeit an und mit diesem Sender erwarten sollte, war ich dennoch gänzlich unvorbereitet.

 

Der geneigte Leser möge sich einen Panzer aus Kruppstahl vorstellen, in dessen Bauch auch während eines Erdbebens und gleichzeitigem Meteoritenschauer ein mechanisches schweizer Uhrwerk mit der Präzision einer modernen Caesiumuhr laufen soll. Dann nähert man sich langsam dem geistigen Bild, das die Ingenieure bei Rohde & Schwarz in den 50er Jahren hinsichtlich der Qualitätsansprüche an ihre Geräte im Kopf gehabt haben müssen.

Was aber noch viel faszinierender ist: Sie schafften es, ihnen gerecht zu werden und sich stellenweise sogar selbst zu übertreffen!

 

Mit weitem Abstand ist dieses Gerät das Vollkommenste, was ich jemals gesehen habe, und diese Aussage schließt mein Tektronix-Oszilloskop und alles, was ich jemals über DNA-Replikation und -Reparaturmechanismen gelernt habe mit ein.

Eine derartig symbiotische Perfektion von Präzision und Robustheit (die für mich die beiden Königsdisziplinen der Gerätekonstruktion darstellen) ist mir bisher noch nirgends begegnet und ich glaube, auf diesem Gebiet schon einiges gesehen zu haben.

Mir fehlen die Worte, die Anmut dieser Technik angemessen zu beschreiben, aber die Ausstrahlung dieses Senders ist fürder nahezu als erotisch zu charakterisieren.

 

Dabei sind es nicht einmal eine besonders aufwändige Schaltung oder gravierende technische Besonderheiten, die diese Faszination ausüben, sondern die schiere Qualität der Verarbeitung, die keinerlei Rücksicht auf Kosten, Aufwand oder Materialeinsatz nahm. Das beste wurde hier gerade als gut genug angesehen, und wenn es das nicht war, dann konstruierte man eben etwas, was den Ansprüchen gerecht zu werden vermochte.

Wo man bei anderen Herstellern Pertinax findet, sieht man hier Keramik. Kunststoffteile sind nonexistent - alles ist aus Blech oder Aluminiumguss. Jede Verbindung ist verschraubt, nichts geklammert, geklebt oder gesteckt. Hinter der Positionierung eines jeden Bauteiles stecken Forschungszeit und Gehirnschmalz. Alle Kabelbäume sind absolut perfekt gelegt und angebunden. Jeder Schraubenkopf ist mit einem Klecks Lack gesichert. Sämtliche Bauteile sind die besten damalig verfügbaren und meist stark überdimensioniert, um maximale Haltbarkeit zu erzielen. An nichts, aber auch gar nichts ist gespart. Wo andere Firmen mit vier Schrauben ausgekommen wären, verbaute R&S mindestens zwölf. Die Liste ließe sich endlos fortführen.

Wenn auch nur der Schimmer einer Möglichkeit bestand, daß irgendeine zusätzliche Mühe auch nur eine minimale Steigerung der Güte und der Kundenzufriedenheit ermöglichte, wurde keine Sekunde gezögert und alles getan, um das letzte bisschen herauszuholen. Näher an die Grenze aller Perfektion dürfte kaum mehr jemand gekommen sein.

 

In Zeiten, in denen keiner mehr in ein Gerät investieren will, das auch die Enkelkinder noch wartungsfrei benutzen können und nur noch billig und leicht attraktiv ist, sind solche Entwicklungen natürlich ökonomisch undenkbar, haben aber nichts von ihrem Wert eingebüßt, sondern eher im Gegenteil: Wer sie zu schätzen weiß, ist umso reicher und will nie wieder etwas anderes. Für diese Qualität dürfte das Gerät auch gerne noch einmal das zehnfache wiegen und kosten, es wäre die Anschaffung noch ebenso viel wert!

Ein R&S-Gerät zu kaufen ist nicht nur eine Anschaffung für´  s Leben, sondern für Generationen gewesen und ist es heute noch und wirkt sicherlich auch psychisch ausgleichender als jeder Stuhlkreis (zumindest auf passionierte Röhrenbastler, für andere Leute kann ich nicht sprechen). Die Arbeit mit dem Sender hat etwas meditatives und zutiefst entspannendes. Wer einmal mit schlechtem Werkzeug gearbeitet hat, der weiß, wie viel Ärger man damit haben kann. Daß das Pendel in die andere Richtung ebenso ausschlagen kann war mir nur zu gut bekannt, daß es aber solche Formen annehmen kann, nicht. Es ist ein Privileg, mit einem solchen Gerät hantieren zu dürfen. Nach diesem Sender abzugleichen ist nicht nur Arbeiten mit einem HF-Generator, sondern Messen in seiner höchsten Reinform, geradezu Kunst. Und wer dieses Gerät entwickelte, ist nicht nur ein Künstler, sondern geradezu Herr der Wellen.

 

Aber ich komme ins Schwärmen... - genug der Poesie. Am besten lassen wir das Gerät für sich sprechen, obwohl ich hier meinen Spruch, daß Bilder mehr als tausend Worte sagen könnten, etwas einschränken muss.

Die folgenden Bilder sind zwar aussagekräftiger als Worte, können aber nicht einmal annähernd das zum Ausdruck bringen, was der unmittelbare Kontakt mit einem solchen Gerät einem vermittelt. Ich weiß, wovon ich rede, denn auch ich habe mit Bildern im Internet zu tun gehabt, bevor ich die Ehre hatte, ein R&S-Gerät zu besitzen. Wer selbst zum erlauchten Kreis gehört, wer einmal Hand an diese Technik legen durfte, wird wissen, was ich meine...

Reparaturbericht

... aber zur Sache.

Dieses Gerät sprang mir schon bei meinem ersten Besuch der aufzulösenden Amateurfunkerbschaft, über die hier an einigen Punkten berichtet ist, gleich vorrangig ins Auge, da ich mir bisher mit einem kleinen Belco-Messsender beholfen hatte, der nicht gerade meinem Geschmack entsprach und gute Messsender in der Regel, unabhängig vom Alter, ziemlich teuer sind.

So fand ich ihn damals in einer ganzen Wand voller Messgeräte vor und verliebte mich gleich auf den ersten Blick in das Gerät.
So fand ich ihn damals in einer ganzen Wand voller Messgeräte vor und verliebte mich gleich auf den ersten Blick in das Gerät.

Den Ausgang hatte einmal jemand auf eine BNC-Buchse umgerüstet, aber das kam mir eigentlich sehr gelegen, da meine HF-Messtechnik auch weitestgehend mit BNC arbeitet und der Umbau gut gemacht war.

Ansonsten war der Sender zumindest äußerlich in einem wirklich guten und unberührten Zustand.

Und das vielleicht beste: Das originale Handbuch mit einem neuwertigen Schaltplan gab es dazu!

Als ich das subtile Gerät, das knapp die Hälfte meines Körpergewichtes aufbringt, zu mir in den zweiten Stock geochst hatte, nahm ich zunächst eine Sichtprüfung vor.

Mit den acht Schrauben lässt sich die Frontplatte und damit der vordere Teil des Geräts, der die komplette Hochfrequenzschaltung beherbergt, rasch demontieren.

Man sieht den robusten Aufbau mit vielen Gussteilen und die liebevoll verdrahtete Platte mit den R-Trimmern. Die Antriebe sind eine Augenweide an Feinmechanik und greifen absolut spielfrei ineinander; die meisten Zahnräder sind verspannt.

Ein Blick unter die Abdeckung des Spulenrevolvers lässt einem dann in dieser Hinsicht wirklich die Augen übergehen, sobald man die 16 (!) Schrauben der Abdeckung demontiert hat. An diesem Stück wird meine Fasziniation vielleicht am besten erklärlich.

Demontierter vorderer Teil
Demontierter vorderer Teil
In der Mitte der HF-Revolver, rechts die Trimmerplatte. Alle Abschirmungen sind versilbert.
In der Mitte der HF-Revolver, rechts die Trimmerplatte. Alle Abschirmungen sind versilbert.
Jeder einzelne Widerstand ist mit einem Abziehbildchen beschriftet, die Mechanik erinnert an ein Uhrwerk.
Jeder einzelne Widerstand ist mit einem Abziehbildchen beschriftet, die Mechanik erinnert an ein Uhrwerk.
Geöffneter Spulenrevolver - Präzision und Robustheit in perfekter Symbiose! Auch hier sind gut die Abziehbilder zu erkennen.
Geöffneter Spulenrevolver - Präzision und Robustheit in perfekter Symbiose! Auch hier sind gut die Abziehbilder zu erkennen.
Und weil es so schön ist...
Und weil es so schön ist...

An diesem Teil des Senders konnte ich kein einziges Teil ausmachen, das meinen Verdacht erregt hätte. Alle Bauteile, die in diesem Geräteteil vorkommen, tragen in meinem Hinterkopf das Siegel "Über jeden Zweifel erhaben".

Den Elko an der Unterseite testete ich routinemäßig, er war aber völlig unauffällig, sowohl von der Kapazität, als auch vom ESR-Wert.

Also konnte ich mich dem hinteren teil des Aufbaus widmen, der das Netzteil und den NF-Oszillator beinhaltet.

 

Dieses ist über vier Schrauben an einer Stufe im Gehäuse montiert, von denen zwei von der Vorder- und zwei von der Hinterseite zugänglich sind. Vor dem Ausbau muss allerdings noch die Trägerplatte der Netzzuleitung und das hintere Lüftungsgitter abgebaut werden. Verbunden sind die beiden Teile über einen Stecker, der beim Einsetzten des Vorderteils automatisch eingreift.

An sich ist das natürlich eine gute Kontruktion, nur leider eher unpraktisch, wenn man am Gerät im Betrieb messen will, weil die beiden Teile ohne Gehäuse nicht zusammenhalten. Vermutlich gab es dafür im Werk von R&S Prüfadapter, nur hatte ich so etwas leider nicht...

Hinterer Teil des Geräts mit Griffen, Buchse und Führungshülsen von vorne gesehen.
Hinterer Teil des Geräts mit Griffen, Buchse und Führungshülsen von vorne gesehen.
Rückteil ausgebaut
Rückteil ausgebaut
Rechts der Netztrafo, links der Gleichrichter und die Regelröhren. Das Kästchen in der Mitte beherbergt den NF-Oszillator.
Rechts der Netztrafo, links der Gleichrichter und die Regelröhren. Das Kästchen in der Mitte beherbergt den NF-Oszillator.

Hier zeigt sich eine sehr interessante Netzteilgestaltung. Neben dem Glimmstabi 85A2 beherbergt das Netzteil auch noch eine PL81 als leistungsstarken Gleichrichter und eine EL84 als Regelpentode. Hier wird mit großem Kaliber geschossen.

Der NF-Oszillator läuft mit der 08/15-Pentode EF80.

Tatsächlich befinden sich auch schon ein paar Germaniumdioden in dem Gerät. Es dürften einige der ersten ihrer Art gewesen sein.

Auf dem obigen Bild sieht man im Bereich der Trägerplatte schön, wie verräuchert das Gerät leider war, als ich es bei mir aufnahm.

Die Unterseite mit den dicken Netzteil-Elkos
Die Unterseite mit den dicken Netzteil-Elkos

Ein erster Akt war wie immer die Reinigung des Gehäuses, die nun nach Ausbau aller Elektrik und der Demontage der Lüftungsgitter (wieder mit zahlreichen Schrauben) sehr bequem in der Duschwanne erledigt werden konnte.

Das Abwasser war so braun wie Cola, als das Gerät seine Raucherlunge entleerte.

Auch hier prüfte ich die Elkos und Selenstäbe und war erstaunt, sie alle noch bei bester Gesundheit vorzufinden.

Sämtliche andere Komponenten waren nicht verdächtig, mit Ausnahme einiger Kondensatoren, die mir aus Radios wohlbekannt waren. Den meisten Lesern werden die berüchtigten Eroid-Kondensatoren ein Begriff sein.

 

Da mir erst einmal nichts ins Auge gesprungen war, was sich bei einem Einschaltversuch in Rauch auflösen könnte, steckte ich die Teile auf der Werkbank zusammen und nahm einen Test vor.

Zu meiner Freude funktionierten alle Frequenzbereiche mit erstaunlicher Präzision, wenn ich sie ohne Modulation fuhr, wie ich später mit dem Frequenzzähler noch herausfand.

Allerdings konnte ich bei zugeschalteter Modulation keine solche auf dem Oszi beobachten.

Auch die Anzeige für den Modulationsgrad muckste sich kein bisschen.

 

Nachdem ich probehalber ein paar Mal die Frequenzbereiche durchgeschaltet hatte, fiel mir allerdings auf, daß die Nadel der Modulationsanzeige immer kurz zuckte, wenn ich den Bereich wechselte und auch das Oszi begann für einen Augenblick auf eine Modulation zu triggern.

Offenbar schwang der Oszillator also an, um dann nach ein paar Perioden abzuwürgen.

 

Zum Glück ist der NF-Oszillator hier denkbar einfach aufgebaut und so war der Fehler schnell gefunden: Die Eroid-Bomben hatten einen zu hohen Leckstrom und fraßen die Energie aus dem Schwingkreis.

Ein Austausch gegen neue Folienkondensatoren schaffte das Problem aus der Welt und ich erfreute mich eines vollständig funktionierenden Messsendes der Königsklasse, der jetzt sogar wieder mit vorschriftsgemäßen

400 Hz summt.

Für die Zukunft ist noch ein Gerätewagen für den Sender geplant, da ich nicht jedesmal Gefahr laufen will, mir einen Bruch zu heben, sobald es mal ein Radio abzugleichen gibt. Um das Gerät dauerhaft auf der Werkbank zu haben ist es dann leider doch zu sperrig...