Modell: Grundig Musikgerät 2140 (Nussbaum)
Baujahr: 1960-62
Röhren: ECC85, ECH81, EF89, EABC80, EL84, EM84
Kreise: 10 FM, 6 + 1 Sperrkreis AM
Anschaffung: 05.09.22
Fertigstellung: 28.07.23
Preis: 0,- €
Damaliger Preis: 263,- DM
Bänder: LW, MW, KW, UKW
Gehäuse: Holz
Antennen: UKW-Gehäusedipol, Ferritantenne (nicht drehbar)
Abstimmung: AM: kapazitiv
FM: kapazitiv
Klangregister: Tonblende
Link zu rm.org: Grundig 2140
Tja... wie soll ich anfangen? Grundig bleibt leider Grundig, da ist nichts schönzureden.
Zunächst einmal: Ich habe dieses Gerät nicht gekauft, bevor noch jemand auf komische Gedanken kommt. Ich bekam es in einem Konvolut von einem Bekannten mitgebracht, der dabei war, den Nachlass seines Vaters auszudünnen. (An dieser Stelle vielen Dank, Rainer, es waren auch wirklich schöne Geräte dabei!)
Es ruhte dann ein halbes Jahr in meinem Zwischenlager. Vermutlich hätte ich es zeitnah abgegeben, allerdings ergab es sich, daß ich im Februar 2023 Besuch von einer engen Freundin bekam, die nach einem dekorativen Gerät für einen alten Schrank suchte. Da ihr WG-Zimmer nur bedingten Platz zu bieten hat, sollte es ein kleiner Apparat werden. Da fiel mir das äußerst kompakte Grundig wieder ein. Ich versprach, es für sie zu überholen und war glücklich, damit bereits die Frage des nächsten Geburtstaggeschenkes geklärt zu wissen.
Wenigstens war es kein Gerät mit Spartrafo, was in dieser Größenordnung nicht selten ist; das hätte ich nicht an jemanden herausgegeben.
Nach einigen Projekten, die Vorrang hatten, begann ich im Mai, das Gehäuse, das ein Bekannter für mich ein wenig aufhübschen sollte, nackig zu machen. Dabei fluchte ich intensiv, als ich mit den Zierleisten kämpfte, die bei diesem Modell nicht immer aus Messing waren, sondern je nach Baureihe und Verfügbarkeit aus Kunststoff, in den eine Metallfolie eingelegt ist. Natürlich wurden diese mit Tackernadeln ins Gehäuse geschossen. Was für ein Fluch! Auch der Plastikrahmen ist nicht wie üblich geschraubt, sondern mit kleinen Holzklötzchen eingeleimt. Mit dem Teppichmesser ließen sich diese zum Glück recht schnell entfernen. Schrauben wären ja zu einfach gewesen...
Generell fällt auf, daß das Gehäuse extrem dünn und wackelig ist. In dieser Form habe ich das noch bei keinem anderen Gerät erlebt.
Das Chassis stand dann noch einmal ein paar Wochen im Regal.
Wie üblich begann ich mit einer Grundreinigung. Das Innenleben war von üblichem Küchendreck überzogen, wie es für Geräte dieser Kragenweite üblich ist, auch wenn ich das schon deutlich schlimmer elebt hatte. Reinigungsbenzin half wahre Wunder.
Der erste Schritt nach der Reinigung bestand in der Befestigung der Ferritantenne. Man hielt es bei Grundig anscheinend für ausreichend, das gute Stück mit zwei Gummibändern zu befestigen, die mir sofort unter den Fingern zerbröselten. Hier setzte ich gewachste Zahnseide ein, mit der ich an dieser Stelle bisher gute Erfahrungen gemacht hatte.
Da ich wissen wollte, an was ich war, wollte ich das Gerät zunächst am Stelltrafo hochfahren, um zu sehen, ob zumindest der Netztrafo und der AÜ noch in Ordnung waren. Es tat sich rein gar nichts. Also war zunächst der gnadenlos korrodierte Sicherungshalter zu reinigen. Da ich hier mit Schleifapapier nicht mehr weiterkam, musste ich sogar zur Rundfeile greifen.
Nun konnte ich dem Gerät auf TA zumindest Töne entlocken und wollte auch einen Test auf den Rundfunkbändern machen, wo ich jedoch bereits wieder an eine Grenze stieß: Während die AM-Abstimmung recht normal funktionierte, war der UKW-Antrieb gnadenlos festgebacken und rührte sich nicht um ein Yota.
Schnell stellte sich heraus, daß die Welle des Drehkos völlig verharzt war. So öffnete ich den Tuner und wollte nach Entfernen des Seilrades und Sprengrings die Drehko-Welle herausziehen, um sie zu reinigen, doch nicht einmal das schaffte ich. Dafür riss ohne größeren Kraftaufwand der gesamte Drehko aus seiner Verlötung im Tunergehäuse, denn auch hier sparte man sich bei Grundig die Schrauben.
Fluchend ging ich zu Bett, fest entschlossen, den Apparat am nächsten Tag einer rituellen Verbrennung zu unterziehen. Hätte ich es doch bloß getan!
Wieder mit etwas mehr Ruhe gesegnet lötete ich den Drehko am Folgetag komplett aus und trieb die Welle mit dem Hammer heraus. Nach der Reinigung bewegte sich das kleine Scheißerchen, als wäre nie etwas gewesen. Zum Glück hatte ich im Vorfeld zumindest die Positionen aller Teile zueinander markiert.
Ich baute den Drehko wieder zusammen und lötete ihn mit meinem 100W-Weltkriegslötkolben wieder ein. Nun hatte ich zumindest UKW-Empfang, wenn auch völlig verschoben. Aber das war ein Problem für später.
Nachdem ich nun wusste, daß das Radio prinzipiell funktionierte, tauschte ich das Netzkabel, das mal jemand mit dem Lötkolben angebrutzelt hatte und begann mit dem Kondensatorenwechsel. Da man bei diesem Modell viel zu viel Radio in viel zu wenig Gehäuse eingebaut hatte, war der Raum eher knapp bemessen. Man musste ja unbedingt einen vollständigen Superhet in dieses Format quetschen. Das wäre an sich noch nicht schlimm gewesen, aber Grundig hatte genau wie Philips die liebreizende Angewohnheit, die Anschlussbeine der Bauteile in den Lötösen umzubiegen. Wenn man es ordentlich machen will, dann verbringt man für jeden verfluchten Kondensator die fünffache Zeit, die man bei einem anderen Gerät bräuchte.
In drei Tagen schaffte ich alle 16 Kondensatoren und hoffe, daß es das letzte Mal war, daß irgendwer diese Arbeit an dem Hobel machen muss.
Auch der Welle der Tonblende verpasste ich einige Tropfen Öl. Das Tandempoti ließ sich leider nicht zerstörungsfrei zerlegen und die Achse war anfangs nur mit der Rohrzange zu bewegen. Allerdings arbeitete das Öl sich binnen einiger Tage schön hinein, sodaß die Welle wieder angenehm zu drehen war.
Nun ließ ich das Radio erst mal eine Weile laufen, um die Spannungen und Erwärmung der Netzteilkomponenten testen zu können. Zu meiner großen Überraschung war der Becherelko noch bestens in Ordnung. Die Messwerte für Kapazität, ESR und Leckstrom waren super und er wurde im Betrieb kein bisschen warm. Tatsächlich hielt er über mehrere Stunden die Spannung, was bei einem Gerät ohne Entladewiderstand wirklich pikant ist. Da ich keine Lust hatte, mir einen Gruß aus dem Elektrolyten zu fangen, rüstete ich kurzerhand einen 100 kΩ-Widerstand nach. Nun entläd er sich in etwa 10 sek. nach dem Abschalten.
Anders sah es mit dem Gleich-riecht-er aus. Hätte ich das Radio länger als zehn Minuten laufen lassen, hätte er wirklich gerochen. Bereits nach wenigen Sekunden wurde er so heiß, dass man ihn nicht mehr anfassen konnte. So machte ich kurzen Prozess und warf die Selenplatten heraus. Da ich es nicht bleiben lassen konnte, befüllte ich selbst hier das alte Gehäuse mit 4 x BYT62, von denen mir jemand einen ganzen Gurt geschenkt hatte.
Da nun die Anodenspannung zu hoch war, musste ich sie mit einem 470 Ω-Widerstand etwas einbremsen, aber das klappte wie üblich problemlos. An der Seite des Chassis, an der der Gleichrichter montiert ist, bekommt er auch genügend Luft.
Mit 230 V gefahren wurde der Trafo recht schnell heiß, sodaß ich auch hier noch aktiv werden musste. Ich versah ihn primärseitig mit einem 56 Ω-Widerstand, der die 10 V Differenz zur alten Netzspannung killte. Er wird auch jetzt noch für meinen Geschmack sehr warm, aber bei Grundig waren die Trafos oft auf Kante genäht.
Da nun natürlich auch die Anodenspannung wieder niedriger war, reduzierte ich den dortigen Widerstand auf 330 Ω.
Nun war auch der Zeitpunkt gekommen, mich um die verschobene Skala zu kümmern. Da die Skalenzeiger noch mit Sicherungslack versehen waren, wollte ich sie nicht auf dem Seil verschieben. Außerdem hätte das den UKW-Bereich beschnitten. Zum Glück ließ sich das ganze mit einem simplen Oszillatornachgleich wieder ins Lot bringen. Der ZF-Verstärker stimmte noch ganz gut, also beließ ich es dabei.
Ein unter Sammlern berühmt-berüchtigtes Problem, mit dem ich in freier Wildbahn noch nie konfroniert war, da ich mich von solchen Unsitten wie Grundig immer fernzuhalten wusste, stellt auch bei diesem Gerät die Duplexkupplung dar, die im Vergleich zu Saba immerhin offen und nicht in einer Trommel eingebaut ist. Eine Zumutung ist diese verkrüppelte Konstruktion dennoch.
Aber ein Bild sagt mehr als tausend Worte:
So, für alle, die es nicht kennen hier eine kurze Erklärung des Funktionsprinzips dieser Kupplungen, denn sonst sind die folgenden Erläuterungen schwer nachvollziehbar:
Da die Skalenzeiger für AM und FM getrennt angetrieben werden sollen, damit man nicht gleich alle Bereiche verstellt und sich nur der jeweilige Seilzug bewegt, muss hier mechanisch umgeschaltet werden, sofern man die Abstimmung über ein und dieselbe Welle vornehmen will, was ja in aller Regel der Fall ist.
Hierfür fanden alle Hersteller eigene Wege, die sich aber im Konzept doch meist ähnelten. Bei Loewe Opta gibt es zum Beispiel ein beidseitig gezahntes Rad, das auf der Welle des Bedienknopfes befestigt ist und auf dieser per Schaltermimik so verschoben wird, daß es jeweils mit einer der beiden Seiten in einen Zahnkranz eingreift, der auf den AM-, bzw. FM-Seilzug wirkt. Im Prinzip also wie ein Synchronring in einem Kfz-Getriebe. Das war eine günstige, effektive und bis heute sehr robuste Lösung, die eigentlich nie Probleme macht.
Bei Grundig ging man einen abweichenden Weg. Wie im obigen Bild zu sehen besteht die Kupplung aus zwei Messingtellern, die ursprünglich mal mit dem Gebrösel belegt waren und einer geriffelten Scheibe aus Druckguss, die über die auf der Achse unter der Kupplung befestigte Schaltnase ein- oder ausgekuppelt wird. Dabei ist die mittlere Scheibe immer mit einem der Teller im Eingriff. Die Teller sind federbelastet und die Schaltnase hält immer den einen von der Scheibe fern, sodaß er sich nicht mitdreht, wenn man abstimmt. Das Prinzip ist also das gleiche wie bei einer Scheibenkupplung im Auto und wie bei der Konstruktion von Loewe-Opta, nur daß hier statt Zahnkränzen einfach Moosgummi auf die Messingteller geklebt war. Jämmerlicher geht es wirklich nicht mehr.
Warum man die drei Metallteile nicht einfach formschlüssig designte werden wohl nur die Grundig-Entwickler gewusst haben. Aber wie dem auch sei, irgendwie musste ich damit leben.
Durch schiefes Angucken und den vorsichtigen Einsatz eines Schraubendrehers konnte ich die Teller von den letzten Belagresten befreien und auch die Größe der benötigten Ersatzteile abnehmen.
Zuerst stellte sich die Frage, welches Material ich einsetzen wollte. Filz hätte sich schnell aufgerieben und Moosgummi war mir nicht haltbar genug. Da kamen mir Reste einer Gummimatte gerade recht, die ich noch von einem früheren Projekt herumliegen hatte. Ursprünglich handelte es sich dabei um die Trittschalldämpfung für Laminatböden, mit denen ich mal die Kotflügel eines Rollstuhles als Schwingungsdämpfung versehen hatte.
Eine simple, glatte Gummimatte mit 2 mm Stärke wäre einfacher gewesen, aber ich nahm, was vorhanden war und außerdem ist die Rückseite bereits schön aufgeraut, um den Kleber besser anzunehmen. Von Nachteil waren die Rillen auf der anderen Seite, die ich mit einem Teppichmesser entfernen musste, um auf die nötige Dicke und ebene Oberfläche zu kommen, die ich brauchte. Zum Glück ging das erfrischend leicht und glatt.
Die zentrale Achse der Kupplung hat einen Durchmesser von 6 mm, was eine undankbare Größe ist, um sie in doch recht dickes Gummi zu schneiden. Schön wird es freihändig auf keinen Fall. Doch mein Augenmaß ließ mich nicht im Stich: Der Durchmesser der Löcher, die ein Bürolocher verursacht, ist exakt passend. So lochte ich meine Matte einfach mit dem Locher und erhielt wunderschöne runde und perfekte Löcher:
Nun konnte ich den Außendurchmesser mit der Schere schneiden und noch einen Schlitz vorsehen, um den so gefertigten Belag im eingebauten Zustand über die Achse zu bekommen:
Das alles wiederholte ich noch einmal für den anderen Teller und klebte die Beläge auf den Messingtellern fest. Dazu schob ich sie über die Achse, lenkte den betreffenden Teller so weit wie möglich aus und strich mit einem Zahnstocher Montagekleber zwischen Belag und Teller. Nun drückte ich einfach die entsprechende Taste, sodass die Federn im Mechanismus die Klebestelle belasteten und wartete einen Tag. Danach wiederholte ich die Prozedur für die andere Seite und was soll ich sagen: Es funktioniert ganz hervorragend.
Nachdem die technischen Gesichtspunkte nun weitestgehend abgearbeitet waren, ging ich an die Montage der einzelnen Teile und die optischen Aspekte des Projektes.
Das Gehäuse erreichte mich in geschliffenem und geöltem Zustand, sodaß ich nur noch alle Anbauteile reinigen und anbringen musste.
Zuerst brachte ich die diabolischen Zierleisten wieder in Position, was eine Mischung aus Klemmung und Klebung erforderte. Das Grundig-Emblem ließ sich einfach wieder annageln und der Plastikrahmen war gut zu reinigen. Seine Montage mit den Holzklötzchen war eine ziemliche Fummelarbeit, gelang aber mit einer nahezu als akrobatisch zu bezeichenden Klemmtechnik.
Den Schallwandstoff bürstete ich einfach ab, was ihm einiges an Staub austrieb und ihn wieder heller erscheinen ließ. Er war zum Glück noch in gutem Zustand.
Weit unangenehmer war der Lautsprecher selbst: Während man daran normalerweise gar nichts machen muß, herrschten hier gleich mehrere Baustellen, weil man wieder mal Schaumstoff eingesetzt hatte, wo andere Hersteller mit Filz oder Pappe gearbeitet hatten.
Beim Ausbau des LS bröselte mir zunächst einmal die große Ringdichtung entgegen und später sogar die Kalotte. Zum Glück konnte ich alle Reste herauspinseln, ohne daß etwas in den Luftspalt der Spule geriet. Was eine scheußliche Konstruktion!
Die Ringdichtung ersetzte ich durch einen Filzstreifen, den ich mit Holzleim anbrachte.
Weit schwieriger war der Ersatz für die Kalotte. Ich weiß, daß es welche zu kaufen gibt, aber ich hatte weder Zeit, noch Lust, eine zu bestellen und griff so auf eine bewährte Technik zurück: Aus 120 g/m²-Papier schnitt ich mir einen Kreis, dessen Radius ich mir zuvor mit dem Zirkel abtrug und ließ rundherum 3 mm überstehen.
Nun schnitt ich ihn ein, dreht einen Kegel daraus und verklebte diesen.
Ich schwärzte das Stück mit einem Edding und schnitt es rundherum bis auf den Zielradius ein. Mit vorsichtig aufgetragenem Holzleim verklebte ich sie dann auf der Membran.
So abenteuerlich sich diese Technik anhört, so gut ist sie auch. Das Ergebnis ist sehr stabil und sollte so lange wie der Rest des Lautsprechers halten. Der Zweck besteht ja im Fernhalten von Dreck und dieses Ziel erreicht man so sehr einfach und nachhaltig.
Ein weiteres Problem bestand in den völlig ausgehärteten Gummilagern des Lautsprechers. Diese tauschte ich gegen Gummidurchführungen im passenden Durchmesser und sollte damit auch an dieser Front wieder wenigstens 20 Jahre Ruhe haben.
Nun konnte ich die Schallwand wieder zusammensetzen und ins Gehäuse schrauben, was aufgrund der Befestigung mit Blechklammern auch eine furchtbare Fummelarbeit ist. Zusätzlich musste man bei Grundig auch noch alles mit rauen Mengen an Sicherungslack zukleistern, sodaß alle Gewinde schwergängig sind...
Die optischen Arbeiten am Chassis bestanden in der Skalenscheibe, den Knöpfen und den Tasten. Die Tasten reinigte ich einfach mit etwas Scheibenreiniger im eingebauten Zustand, da ich zu viel Angst hatte, sie könnten brechen, wenn ich sie abzöge.
Auch bei der Skalenscheibe kam ich mit Glasreiniger weiter. Erschüttert stelle ich dabei fest, daß sie bei diesem Gerät aus Plastik besteht. Aber das komplettierte nur das Bild, das sich im Verlauf der letzten Wochen bereits geformt hatte.
Die Knöpfe warf ich für 20 min. in das Bad mit Zahnersatzreiniger und polierte dann in mühsamer Kleinarbeit die Messingringe wieder auf Hochglanz. Die gleiche Behandlung ließ ich der großen Messingleiste über der Skala zugute kommen. Was ich hier in zwei Sätzen abhandele war tatsächlich ein Prozess, der sich über zwei volle Abende erstreckte, aber das Ergebnis lohnte sich.
Nun konnte das Chassis wieder ins Gehäuse einziehen. Auffällig ist hierbei, - und dies ging mir sagenhaft auf die Nerven, bis ich das Gerät endlich aus den Händen gab - daß das Radio bei der kleinsten Bewegung knirschende Geräusche von sich gibt, da die Plasikskala am Kunststoffrahmen reibt. Dazu sage ich wohl besser nichts...
Aufgrund des gedrängten Aufbaus war es auch ein Erlebnis, den Lautsprecher wieder anzulöten.
Wie üblich erfolgte nun der mehrtägige Probelauf. Dabei stellte ich zwei Dinge fest: Erstens wird der Trafo noch immer sehr warm, aber das scheint für Grundig nicht ungewöhnlich zu sein und außerdem wusste ich wirklich nicht, was ich in der Hinischt sonst noch tun sollte.
Zweitens: Auf UKW hatte ich einen wirklich lästigen Modulationsbrumm.
Für alle, die das Phänomen nicht kennen, hier eine kurze Erklärung: Modulationsbrumm ist nur bei einem abgestimmten Sender zu hören, lässt sich über den Lautstärkeregler zusammen mit dem Nutzsignal wegregeln und unterscheided sich dadurch von Netzbrumm, der omnipräsent ist. Der Effekt entsteht, indem z.B. in Schaltnetzteilen eine Hochfrequenz mit der Netzspannung oder einem Vielfachen davon moduliert und durch mangelnde Filterung ins Netz zurückgekoppelt wird. Tritt diese HF nun über die Netzleitung ein, so wird sie an den Diodenstrecken des Anodengleichrichters demoduliert und ist im Tonsignal als Brummen hörbar, meist mit 100 Hz.
Gegen diesen Effekt hatten die Radios früher oft div. Entstörkondensatoren auf der Primärseite des Netztrafos oder hinter dem Gleichrichter, bzw. an der Anode der Endröhre oder sie waren vor dem Gleichrichter verdrosselt. Da das Problem eher bei AM auftritt und diese Kondensatoren als "Trafokiller" bekannt sind, wirft man sie in aller Regel ersatzlos raus und merkt meist auch keinen Unterschied, da man entweder kein AM hört oder der Störteppich heute ohnehin so stark ist, daß es keinen Unterschied macht.
Auf alle Fälle kann sich der Effekt verstärken, wenn man den Selengleichrichter ersetzt, da moderne Siliziumdioden eine deutlich steilere Kennlinie haben und somit für eine bessere Flankendemodulation dieser Störungen sorgen.
Es empfiehlt sich daher, die Diodenstrecken mit je 1...5 nF zu überbrücken, um die HF kurzzuschließen, wie z.B. hier geschehen. Je größer der Wert, desto besser die Entstörung, aber desto höher auch der Blindstrom durch den Kondensator. Man kann auch einfach hinter dem Gleichrichter 0,1 µF nach Masse anbringen oder den Weg wählen, den ich im Folgenden beschreibe.
Werksseitig hatte das Gerät keine dieser Maßnahmen, deshalb hatte ich vorläufig auch keine vorgesehen. Damit hatte ich in der Vergangenheit auch noch nie Probleme, nicht so hier.
Also lötete ich probehalber einen Y2-Kondensator mit 4,7 nF vom Netzschalter nach Masse und siehe da: Es war Ruhe! Wenn man ganz genau hinhört, dann kann man es noch heraushören, aber auf jeden Fall fällt es nicht mehr auf. Auch hierzu kein Kommentar, was die Konstruktion hinsichtlich der Störfestigkeit angeht. Die nonexistente Bodenabschirmung wird es sicher nicht besser machen...
Errechnet habe ich nun eine Blindleistung von 0,06 W im Kondensator. Ich denke, das ist hinnehmbar.
Nun aber ein paar Impressionen des fertigen Geräts. Über den optischen Aspekt kann sich jeder selbst ein Urteil bilden. Mir ist der Kasten zu eckig...
So, Zeit für mein übliches Fazit. Ich bitte alle Grundig-Liebhaber wegzusehen, sonst wache ich eines Tages vermutlich neben einem abgetrennten Pferdekopf auf...
Dafür, daß ich an diesem kleinen Radio fast das restauratorische Komplettprogramm gefahren habe, bin ich maßlos enttäuscht. Unabhängig davon, daß mir das Design nicht gefällt, ist es einfach billig verarbeitet und der Klang ist für meinen Geschmack unterirdisch. Das Gerät fängt sehr früh an zu plärren und macht überhaupt keinen Spaß.
Wenn ich Radio höre, dann will ich spätestens beim Drücken der Raumklangtaste das Gefühl haben, im Orchestergraben zu sitzen. Hier hat man eher das Gefühl, man sitzt vor einem chinesischen Kofferradio aus den 90ern. Zweifelsohne tragen das kleine Gehäuse und der einzelne, recht kleine Lautsprecher nicht zum Hörgenuß bei, aber andere Hersteller haben es geschafft, auch aus kleinen Geräten einen guten Klang herauszuholen. Die Konstruktion der Endstufe ist völlig lieblos und offenbar war man noch nicht mal bereit, dem Gerät eine richtige Klangregelung oder schöne Rückkopplung zu gönnen. Statt zweier getrennter Regler für Bass und Diskant gibt es hier nur eine Tonblende. Selbst mein AEG 42 WU/K (wohlgemerkt ein Reflexsuper), das gar keine Klangregelung hat, klingt um Potenzen ausgewogener.
Und nein, das ist kein Defekt, der mir einfach durch die Lappen gegangen ist, sondern meiner Meinung nach schlicht und ergreifend ein schaltungstechnischer Fauxpas. Ich weiß, daß einige Leute darauf stehen, aber ich finde das Grundig-Klangbild einfach zu Davonrennen. Aber was wollte man für 263,- DM schon erwarten? Auf der anderen Seite hätte ich mich wahrscheinlich schwarz geärgert, wenn ich einen halben Monatslohn in so ein flach und charakterlos klingendes Gerät versenkt hätte, wenn es für das gleiche Geld etwas gutes gebrauchtes oder für etwas mehr ein gutes neues Radio gegeben hätte.
Ich hoffe, daß es Rebecca besser gefällt als mir und es so schnell nicht wieder auf meiner Werkbank landet.
Als Dekoelement in einem kleinen Zimmer mag es vielleicht seinem Ziel gerecht werden.
Darüber hinaus muss ich mir wirklich mal die Frage stellen, ob ich mir die beiden anderen Grundigs, die noch in meinem Lager stehen, wirklich antun will...